Wiederholte ehrverletzende und sexistische Äußerungen und Drohungen eines Geschäftsführers gegenüber einer Mitarbeiterin kann die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses und eine Abfindungszahlung begründen. Dies ist dann der Fall, wenn es der Arbeitnehmerin wegen des Verhaltens des Geschäftsführers unzumutbar ist, an ihrem Arbeitsplatz wieder zurückzukehren, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 09.07.2025 (AZ: 4 Sla 97/25)). Die Kölner Richter sprachen damit einer Arbeitnehmerin eine Abfindung in Höhe von 68.153,00 € zu.

Nach Angaben der Klägerin war sie seit dem 01.11.2019 als Assistentin des Geschäftsführers zu einem durchschnittlichen Entgelt in Höhe von monatlich 7.744,00 € beschäftigt. Sie durfte zudem einen Dienstwagen mitsamt Tankkarte nutzen.

Der Geschäftsführer wollte von der Mitarbeiterin auch privat mehr und machte ihr Geschenke. Er tauschte mit ihr WhatsApp Sprachnachrichten aus. Seit dem 19.02.2024 wurde der Mann verbal sexuell immer übergriffiger. Er meinte, der Frau sexuell anzügliche Arbeitsanweisungen geben und sie beleidigen zu dürfen.

So forderte er sie auf, bei einem Kundengespräch in High-Heels und roten Fußnägeln zu erscheinen. „Gaaaaaaaaanz wichtig. Nichts unter dem Rock anziehen“. Die Frau tat das noch als Scherz ab. Dann geriet der Geschäftsführer in Wut, weil seine Mitarbeiterin ihn nur mit „mein Bester“ und nicht mit „mein Schatz“ angeschrieben hatte. Er meinte, dass die Frau „auf die Knie fallen und Danke sagen“ müsse, angesichts der Geschenke, die er ihr gemacht habe.

In weiteren Nachrichten bezeichnete er sie als „zu dumm zu lesen“. Er wolle ihre „dumme hässliche fresse nicht sehen!!!!“ Per WhatsApp teilte er ihr mit, dass ihr Gehalt auf 5.500,00 € runtergestuft werde und sie den Dienstwagen mitsamt Tankkarte abgeben müsse, sobald sie Ersatz habe. Als die Frau dann noch einen gemeinsamen Sauna- und Thermenbesuch mit dem Geschäftsführer ablehnte, erhielt sie die Kündigung.

Die Frau erhob Kündigungsschutzklage, zog ihren Weiterbeschäftigungsantrag aber dann zurück. Ihr sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses trotz Sozialwidrigkeit der Kündigung nicht zuzumuten. Ihre Vorgängerinnen hätten schon ähnliche Erfahrungen mit dem Geschäftsführer gemacht. Sie habe Angst vor den Wutausbrüchen des Mannes. Infolge der sexistischen Belästigungen und Beleidigungen habe sie eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickelt.

Der Arbeitgeber räumte zwar ein, dass es zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer über mehrere Jahre „eine engere persönliche (aber keine romantische) Beziehung gegeben“ habe. Der Klägerin sei jedoch wegen arbeitsvertraglicher Verfehlungen gekündigt worden. So habe sie vor einem Jahr unrechtmäßig eine viel zu hohe Bestellung an einen Kunden herausgegeben.

Sowohl das Arbeitsgericht Bonn als auch das LAG lösten das Arbeitsverhältnis auf. Das LAG sprach der Klägerin eine Abfindung in Höhe von 68.153,00 € zu. Eine Rückkehr an ihren Arbeitsplatz sei der Frau nicht zuzumuten. Als Auflösungsgrund kommen auch erhebliche Ehrverletzungen in Betracht.

Der Geschäftsführer habe gemeint, „der Klägerin erst sexuell anzügliche Arbeitsanweisungen geben zu dürfen und sie im Folgenden beleidigen zu dürfen, ohne dass die Klägerin hierzu in irgendeiner Weise Anlass gegeben hätte“, so das LAG. Er habe arbeitsrechtliche Sanktionen angedroht, falls sie kein Wohlverhalten zeige. Sie sei auch nicht frei darin gewesen, das private Verhältnis zu dem Geschäftsführer zu beenden.

Letztlich sei eine besonders hohe Abfindung gerechtfertigt. Zum einen sei die ausgesprochene Kündigung „grob sozialwidrig“. Zum anderen habe der Arbeitgeber schuldhaft die Auflösungsgründe verursacht. Der Geschäftsführer habe die Klägerin erheblich herabgewürdigt. Folge sei eine seit Mai 2024 fortdauernde PTBS. Die Abfindung erfülle daher auch eine Genugtuungsfunktion. Die vermeintlichen arbeitsvertraglichen Verfehlungen seien schließlich zu pauschal oder zu lange her und damit vorgeschoben, urteilte das LAG.

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