Praktikanten können für ein bis zu dreimonatiges Praktikum zur Berufsorientierung keinen Mindestlohn beanspruchen. Maßgeblich ist dabei in der Regel die tatsächliche Arbeitsdauer, urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Mittwoch, 30.012019 in Erfurt (AZ: 5 AZR 556/17). Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder der auf eigenen Wunsch genommene Urlaub zählen bei der Frist nicht mit.

Nach dem Mindestlohngesetz gelten Praktikanten als Arbeitnehmer. Ihnen kann daher grundsätzlich auch der gesetzliche Mindestlohn zustehen. Es gibt allerdings weitreichende Ausnahmen. So muss bei einem Praktikum zur Berufsorientierung oder für ein Hochschulstudium kein Mindestlohn gezahlt werden, wenn dieses nicht länger als drei Monate dauert.

Hier hatte eine junge Frau aus Nordrhein-Westfalen geklagt, die eine Ausbildung zur Pferdewirtin plante. Da sie wegen ihres Berufswunsches noch unsicher war, begann sie an einer Reitanlage ein dreimonatiges Praktikum. Sie putzte und sattelte dabei nach eigenen Angaben bis zu zehn Stunden täglich die Pferde, fütterte sie und führte die Tiere aus. Lohn zahlte der Reitanlagen-Betreiber für die Arbeit nicht. Die junge Frau durfte aber im Gegenzug in der Einrichtung kostenfrei wohnen. Zudem erhielt sie Reitstunden.

Während des vereinbarten Dreimonatszeitraums trat sie allerdings noch einen bereits zuvor geplanten Urlaub an und war zudem einige Tage arbeitsunfähig krankgeschrieben. Die ausgefallene Arbeit durfte sie nachholen.

Eine Ausbildung zur Pferdewirtin beabsichtigte die Frau nach dem Praktikum nun doch nicht mehr. Dafür verlangte sie, dass der Reitanlagen-Betreiber ihr den gesetzlichen Mindestlohn für die geleistete Arbeit bezahlt. Der Praktikumszeitraum habe länger als drei Monate betragen. Dagegen meinte der Arbeitgeber, die krankheits- und urlaubsbedingten Unterbrechungen zählten nicht mit, und das Praktikum habe daher nicht mehr als drei Monate gedauert.

Das Arbeitsgericht hatte noch der Praktikantin zugestimmt und ihr 5.491,00 € für 646 Stunden Arbeit zugesprochen. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf wies die Klage dagegen ab.

Vor dem BAG hatte die Klägerin ebenfalls keinen Erfolg. Sie habe keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Das Praktikum zur Berufsorientierung habe von den tatsächlichen Arbeitstagen her nicht über drei Monate gedauert. Unterbrechungen aus persönlichen Gründen der Praktikantin zählten bei dem Dreimonatszeitraum nicht mit. Dies treffe auf die Krankheitszeiten und den auf eigenen Wunsch gewährten Urlaub zu. Daher sei der Arbeitgeber nicht zur Zahlung des Mindestlohns verpflichtet.

Zur Begründung erklärten die Erfurter Richter, der Gesetzgeber habe gewollt, dass ein Praktikum zur beruflichen Orientierung die Möglichkeit bietet, den Betrieb tatsächlich drei Monate lang kennenzulernen. Unter welchen Voraussetzungen allerdings eine vom Arbeitgeber veranlasste Unterbrechung mitzählt, hatte das BAG nicht zu entscheiden.

Grundsätzlich müssen Praktikanten aber bei der Entlohnung nicht leer ausgehen. Denn nach dem Berufsbildungsgesetz haben sie Anspruch auf eine „angemessene Vergütung“. Auch hier bestehen allerdings Ausnahmen – etwa bei einem Schülerpraktikum.

Im konkreten Fall hatte die Klägerin zwar ebenfalls eine aus ihrer Sicht „angemessene Vergütung“ als Berufseinsteigerin verlangt. „Angemessen“ wäre aber wohl eine Vergütung für Auszubildende gewesen, so das BAG. Dies sei aber nicht beantragt worden, so dass der Anspruch aus prozessualen Gründen keinen Erfolg hatte.

 

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