Auch wenn ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen für sein Verhalten nicht voll verantwortlich gemacht werden kann, kann er trotzdem „verhaltensbedingt“ entlassen werden. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in Kiel bestätigte mit einem am Freitag, 17.06.2011, bekanntgegebenen Urteil die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers, der weibliche Kolleginnen beleidigt hatte (AZ: 5 Sa 509/10).

Der 52-Jährige war Sachbearbeiter in einem Zulieferbetrieb der Automobilbranche. Die Trennung von seiner Familie führte ihn 2008 in eine psychische Krise. Fortlaufend belästigte er Kolleginnen mit anzüglichen Bemerkungen. Eine Ermahnung half wenig. Schon zwei Tage später sagte er in seinem Großraumbüro: „Besser eine Frau mit Charakter als drei Schlampen.“ Bald darauf kündigte er an, er werde eine „Bombe platzen“ lassen. In der Mittagspause behauptete er dann, seine Vorgesetzte sei in der Nacht bei einem HIV-infizierten Geschäftspartner gewesen. Die Vorgesetzte und auch der Geschäftspartner stellten Strafanzeige wegen Verleumdung. Das Unternehmen schickte die Kündigung.

Dagegen wehrte er sich mit dem Hinweis, er sei manisch-depressiv. Seine Ärzte hätten ihm bestätigt, dass er auch bei der Sache mit der „Bombe“ „schuldlos“ gehandelt habe.

Wie schon das Arbeitsgericht wies auch das LAG mit Urteil vom 09.06.2011 die Kündigungsschutzklage ab. Der Mann sei bereits „einschlägig abgemahnt“ worden und habe zuletzt seine Vorgesetzte grob beleidigen und „gezielt bloßstellen“ wollen. Zwar setze eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung in der Regel ein „schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers“ voraus. Im Streitfall sei es dem Unternehmen aber ganz unabhängig von der Schuldfrage nicht zumutbar, die andauernden, sexuell gefärbten Beleidigungen und die dadurch verursachte erhebliche Störung des Betriebsfriedens weiter hinzunehmen.

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