Das Achte Gebot, „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider Deinen Nächsten“ gilt auch für die Predigt von der Kanzel. Die religiöse Äußerungsfreiheit steht nicht über den Persönlichkeitsrechten Dritter, heißt es in einem am Mittwoch, 24.04.2011, veröffentlichten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig (AZ: 7 B 41.11). Es gab damit dem Autor und Philosophen Michael Schmidt-Salomon im Streit mit der katholischen Diözese Regensburg und ihrem Bischof Gerhard Ludwig Müller recht.

Schmidt-Salomon ist auch Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung. Nach eigenen Angaben hatte ihn der Bischof bei einer Predigt im Mai 2008 in Tirschenreuth als Vertreter des „aggressiven Atheismus“ bezeichnet und behauptet, er rechtfertige Kindstötungen beim Menschen mit einem entsprechenden „natürlichen“ Verhalten bei Berggorillas. In seinem Buch „Manifest des evolutionären Humanismus“ hatte Schmidt-Salomon nach eigenen Angaben das Beispiel der Berggorillas aber herangezogen, um gerade umgekehrt zu begründen, dass ethische Normen nicht unreflektiert aus der Natur abgeleitet werden dürften.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München stellte mit Urteil vom 24.02.2011 (AZ: 7 B 10.1272) fest, dass Bischof Müller seinen Vorwurf zumindest nicht mit Zitaten belegen könne. Eine „Wiederholungsgefahr“ und damit einen Anspruch auf Unterlassung sah der VGH allerdings nicht. Die Münchener Richter verurteilten die Diözese lediglich, Schmidt-Salomon seine Anwaltskosten in Höhe von knapp 500,00 € zu ersetzen. Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht ließ der VGH nicht zu.

Genau das wollte die Diözese nicht akzeptieren, sie legte daher Beschwerde ein. Die Leipziger Richter müssten in oberster Instanz klären, ob angesichts der religiösen Äußerungsfreiheit „eine unrichtige – und gegebenenfalls auch ehrenrührige – Tatsachenbehauptung“ von der Kanzel nicht erlaubt sei.

Das Bundesverwaltungsgericht hielt die Antwort jedoch für offenkundig und wies die Beschwerde ab: Die Religionsfreiheit und die im Grundgesetz verankerten Rechte der Kirchen seien „nicht schrankenlos garantiert“. Auch „der Schutz der persönlichen Ehre als Grenze der Meinungsfreiheit“ sei „eine Rechtsposition mit Verfassungsrang“. In solchen Fällen gelte immer, dass beides miteinander abgewogen werden muss. „Die Annahme, die religiöse Äußerungsfreiheit, insbesondere im Rahmen einer Predigt, genieße absoluten Vorrang vor den Belangen des Persönlichkeits- und Ehrenschutzes, ist demnach verfehlt“, heißt es in dem Leipziger Beschluss vom 08.08.2011.