Müssen Arbeitnehmer in die Verbraucherinsolvenz, können sie immer noch frei über den Umfang ihrer Arbeit entscheiden. Eine Zustimmung des Insolvenz-Treuhänders ist nicht erforderlich, heißt es in einem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf v0m 21.09.2011 (AZ: 12  Sa 964/11). Die Verbraucherinsolvenz dürfe nicht „zu einer Art moderner Schuldknechtschaft führen“, zitiert das LAG aus einem Urteil des Reichsgerichts von 1909.

Damit wiesen die Düsseldorfer Richter die Klage eines Insolvenz-Treuhänders gegen einen Schuldner ab. Der Schuldner arbeitete in einem Unternehmen mit zwei Gaststätten und einer Diskothek. Sein Arbeitsvertrag sah ursprünglich einen Bruttolohn von 3.000,00 € für monatlich 169 bis 199 Arbeitsstunden vor, das entspricht 39 bis 46 Stunden je Woche.

Das Unternehmen steckte jedoch in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Es schränkte daher den Betrieb in einer der Gaststätten deutlich ein. Dem Schuldner kündigte es und bot gleichzeitig eine Weiterbeschäftigung mit 2.100,00 € für 120 Arbeitsstunden im Monat an.

Der Insolvenz-Treuhänder wollte dies nicht anerkennen und meinte, der Schuldner hätte ihn um Zustimmung fragen müssen.

Doch das ist falsch, urteilte das LAG. Ein Schuldner dürfe zwar nicht ohne Weiteres bei gleicher Arbeit auf Lohn verzichten, er dürfe aber sehr wohl den Umfang seiner Arbeitszeit herabsetzen, „auch wenn sich dadurch der pfändbare Teil seines Arbeitseinkommens verringert“. Dies sei und bleibe seine freie Entscheidung, betonten die Düsseldorfer Richter. Eine Zustimmung brauche er dafür nicht.

Zur Begründung seines Urteils zitiert das LAG eine Entscheidung des Reichsgerichts aus kaiserlichen Zeiten (Urteil vom 26.01.1909, AZ: VII. 146/08): „Der Gläubiger kann demgemäß nicht beanspruchen, dass sein Schuldner eine für jenen günstige Erwerbstätigkeit fortsetze, wenn der Schuldner dies nicht tun will. Die gegenteilige Annahme würde zu einer Art moderner Schuldknechtschaft führen, die mit den heutigen Anschauungen, insbesondere denen über das Recht zur freien Betätigung der Persönlichkeit, unvereinbar wäre.“

„Dies gilt nach wie vor“, führt dazu nun das LAG fort. Die Arbeitskraft gehöre „als höchstpersönliches Rechtsgut“ nicht zur Insolvenzmasse. Schuldner, die leichtfertig auf Arbeitseinkommen verzichten, müssten allerdings damit rechnen, dass ihnen die begehrte Restschuldbefreiung versagt bleibt. Im Streitfall sei ein missbräuchliches Verhalten aber nicht ersichtlich. Der Stundenlohn sei nicht herabgesetzt worden.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließen die Düsseldorfer Richter die Revision zum Bundesarbeitsgericht in Erfurt zu. Reichsgericht hin oder her – die Rechtsfrage der Zustimmungspflicht „ist höchstrichterlich noch nicht entschieden“, so das LAG.