Die Haushalte ausländischer Diplomaten sind ein zumindest vorübergehend rechtsfreier Raum. Auch gegen schwere Rechtsverstöße können Hausangestellte nicht vorgehen, urteilte am Mittwoch, 09.11.2011, das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg (AZ: 17 Sa 1468/11). Zur Begründung verwiesen die Berliner Richter auf die Immunität der Diplomaten.

Damit wies das LAG die vertretend für eine frühere Hausangestellte geltend gemachten Ansprüche ab. Nach Angaben des Deutschen Instituts für Menschenrechte in Berlin, das die Klage unterstützt, handelt es sich um eine Frau aus Indonesien, die im Haushalt eines Diplomaten der Saudi-Arabischen Botschaft gearbeitet hatte. Nach ihren Angaben soll sie 19 Monate lang an sieben Tagen der Woche bis zu 20 Stunden am Tag gearbeitet haben, ohne eine Vergütung oder auch nur Unterkunft und Verpflegung im versprochenen Umfang erhalten zu haben. Auch sei sie ständig misshandelt und erniedrigt worden.

Ihre Rechte hat die Indonesierin an Heide Pfarr, Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung, abgetreten, die nun ein Schmerzensgeld und 70.000,00 € Lohn einklagt.

Wie schon das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 14.06.2011, AZ: 36 Ca 3627/11) wies nun auch das LAG ihre Klage ab. Ob die Vorwürfe berechtigt sind, prüften die Berliner Richter dabei nicht. Wegen der Immunität des Diplomaten sei die Klage unzulässig.

„Die Diplomatenimmunität ist seit langem völkerrechtlich anerkannt und unverzichtbar für die Pflege und Sicherung der zwischenstaatlichen Beziehungen“, erklärte das LAG zur Begründung. Jede Beeinträchtigung der Diplomatenimmunität gefährde die internationalen Beziehungen Deutschlands, an deren Sicherung „ein überragendes Gemeinwohlinteresse“ bestehe. „Einem Missbrauch der Immunität kann deshalb nur mit diplomatischen Mitteln begegnet werden.“

Eine Klage gegen Diplomaten sei dagegen für die Dauer ihrer Immunität nicht möglich. Ein gegen Diplomaten gerichteter Anspruch bleibe aber bestehen und könne gegebenenfalls später geltend gemacht werden, so das LAG. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz liege daher nicht vor. Das LAG ließ aber die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt zu.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte bedauerte das Urteil. „Wir stellen die diplomatische Immunität als sinnvolles Instrument zum Schutz der internationalen Beziehungen nicht infrage. Dennoch sehen wir Deutschland aus menschenrechtlicher Perspektive in der Pflicht, den Betroffenen von Menschenhandel und Arbeitsausbeutung Zugang zum Recht zu verschaffen“, erklärte das Institut in Berlin.

Gemeinsam mit Klägerin Pfarr will das Institut für Menschenrechte den Fall nun vor das BAG und gegebenenfalls danach auch vor das Bundesverfassungsgericht bringen, sagte Sprecherin Bettina Hildebrand auf Anfrage.

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