Versetzen Arbeitgeber arbeitswillige Streikbrecher in einen bestreikten Betrieb, muss der Betriebsrat nicht vorher zustimmen. Ansonsten würde das die Arbeitskampffreiheit des Arbeitgebers „ernsthaft beeinträchtigen“, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Dienstag, 13.12.2011, in Erfurt (AZ: 1 ABR 2/10). Die obersten Arbeitsrichter gaben damit der Lekkerland GmbH & Co. KG recht.
Hintergrund des Rechtsstreits war der Streik von Lekkerland-Beschäftigten im Logistik-Zentrum in Frechen bei Köln im Juni 2007. Die Arbeitnehmer wollten mit ihrem Arbeitskampf erst den Abschluss von Flächentarifverträgen und später eines Haustarifvertrags erzwingen. Die ebenfalls in Frechen befindliche Lekkerland-Zentrale war von Streikmaßnahmen jedoch nicht betroffen.
Zur Streikabwehr versetzte der Lebensmittelgroßhändler arbeitswillige Beschäftigte aus der Konzernzentrale in den bestreikten Betrieb. Der Betriebsrat der Konzernzentrale sah daraufhin sein Mitbestimmungsrecht verletzt. Die gesetzlichen Regelungen würden vorsehen, dass bei einer Versetzung von Arbeitnehmern der Betriebsrat vorher um Zustimmung gebeten werden muss. Lekkerland habe für die vorübergehende Versetzung der Streikbrecher dies jedoch versäumt.
Das BAG stellte aber klar, dass damit die Grenzen der Mitbestimmung überschritten wären. Die „Kampfparität“ würde ansonsten zulasten des Arbeitgebers ernsthaft beeinträchtigt. Der Arbeitgeber müsse daher nicht die Zustimmung des Betriebsrats einholen, wenn er Streikbrecher in einen bestreikten Betrieb versetzen will. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Streik auf den Abschluss eines Verbands- oder eines betriebsbezogenen Haustarifvertrags gerichtet ist. Allerdings müsse der Arbeitgeber vor der Versetzung der Streikbrecher dem Betriebsrat mitteilen, welche Arbeitnehmer er vorübergehend zur Streikabwehr einsetzen will.
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Nachdem Gott die Klapperschlange, die Kröte und den Vampir geschaffen hatte, blieb ihm noch etwas abscheuliche Substanz übrig, und daraus machte er einen Streikbrecher. Ein Streikbrecher ist ein aufrecht gehender Zweibeiner mit einer Korkenzieherseele, einem Sumpfhirn und einer Rüdkgratkombination aus Kleister und Gallert. Wo andere das Herz haben, trägt er eine Geschwulst räudiger Prinzipien.
Wenn ein Streikbrecher die Straße entlang geht, wenden die Menschen ihm den Rücken zu, die Engel weinen im Himmel und selbst der Teufel schließt die Höllenpforte, um Ihn nicht hinein zulassen. Kein Mensch hat das Recht, Streikbrecher zu halten, solange es einen Wassertümpel gibt, der tief genug ist, daß er sich darin ertränken kann oder solange es einen Strick gibt, der lang genug ist, um ein Gerippe daran aufzuhängen. Im Vergleich zu einem Streikbrecher besaß Judas Ischariot, nachdem er seinen Herrn verraten hatte, genügend Charakter, sich zu erhängen. Den hat ein Streikbrecher nicht.
Esau verkaufte sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht. Judas Ischariot verriet seinen Heiland für 30 Silberlinge. Benedlct Arnold verkaufte sein Land für das Versprechen, daß man ihm ein Offizierspatent in der britischen Armee geben würde. Der moderne Streikbrecher verkauft sein Geburtsrecht, sein Land, seine Frau, seine Kinder und seine Mitmenschen für ein unerfülltes Versprechen seines Unternehmers, seines Trusts oder seiner Gesellschaft.
Esau war ein Verräter an sich selbst. Judas Ischariot war ein Verräter an seinem Gott und Benedict Arnold ein Verräter an seinem Land. Ein Streikbrecher ist ein Verräter an seinem Gott, seinem Land, seiner Familie und seiner Klasse!
Jack London
geb. 12. Januar 1876 in San Francisco, gestorben am 22. November 1916 in Glen Ellen, Kalifornien
Gesellschaft der Streikbrecher
Der Flug abgesagt, die Kinder schreien, die Frau motzt, dass ihnen die Ohren bluten, Sie selbst sind tödlich genervt und das nur, weil vetrottelte Menschen, die ihrer Meinung nach ohnehin genug verdienen (weil mehr als Sie) meinen, ihre Zwistigkeiten mit dem Arbeitgeber gerade auf Ihrem Rücken austragen zu müssen. Eine Unverschämtheit, nicht wahr?
Es ist schon ein paar Jahre her, dass wir als Gesellschaft insgesamt begonnen haben in derlei Situationen reflexhaft das zu tun, was eigentlich den Arbeitgebern vorbehalten bleiben sollte, uns über Streiks zu beklagen, darüber, dass es noch immer Menschen gibt, die sich nicht sehen wollen als bloße Verfügungsmasse des Managements, als Stückgut, Humankapital oder Ähnliches, die auf die Barrikaden gehen, ihrem Arbeitgeber die Stirn bieten, ja die noch ernsthaft den Mut haben zu kämpfen. Dabei sollten wir ihnen danken.
Doch nein, lieber heulen wir einträchtig im Chor. Die leere Phrase vom Streik auf dem Rücken der Anderen hat Hochkonjunktur und das nicht erst seit gestern. Wo bitte sonst soll der Arbeitskampf denn geführt werden, wenn nicht auf dem Rücken der Kunden? Wie soll man Druck erzeugen, ohne den Arbeitgeber dort zu treffen, wo es weh tut? Wer nachts verlassene Bahnsteige besetzt, wird nichts erreichen. Natürlich müssen Streikmaßnahmen stören, am besten so massiv wie möglich – dich, mich, uns alle und ganz besonders den Arbeitgeber. Niemals verhandelt der mit einem zahnlosen Tiger.
Wir sollten richtig gern mal meinen Zug, Bus oder Flieger verpassen, wenn überlastete Angestellte nicht länger gewillt sind, ihren Unmut herunterzuschlucken, den Mut aufbringen etwas zu verändern und zeigen, dass auch abhängig Beschäftigte ein Rückgrat haben, gerade heute! Hier nur auf die eigenen, meist marginalen Nachteile zu schielen, ist kurzsichtig und unbedacht. Ohne Streiks, keine vernünftigen Arbeitsbedingungen. Das lehrt uns die Geschichte. Statt uns also über Streiks zu beklagen und uns höhere Löhne gegenseitig zu neiden, sollten wir endlich damit beginnen uns verdammt nochmal zu solidarisieren, uns die Hand zu reichen, gemeinsam kämpfen und wenigstens nicht die Streikenden noch diskreditieren. Das bekommen die Arbeitgeberverbände nämlich auch ganz gut alleine hin, wie die Geschehnisse um den Fluglotsenstreik es wieder einmal deutlich zeigen.
Schnell hieß es da, es ginge nur um’s Geld, dann wieviel die Lotsen doch ohnehin schon verdienten und um geplagte Durchschnittsbürger, die ihren wohlverdienten Urlaub nicht antreten konnten. Doch so gut wie nie ging es um das Eigentliche, die Arbeitsbedingungen der Lotsen, die ja immer noch der Auslöser des Ganzen waren und sind. Darum, dass sie seit Jahren massiv und obligatorisch Überstunden zu leisten haben, weil ihr Arbeitgeber es aus Kostengründen sträflich versäumte, Nachwuchs auszubilden, das Unternehmen auf Verschleiß fuhr und sich damit auch einen feuchten Dreck, um die Sicherheit der Passagiere scherte. Zu fein, sie jetzt zur Stärkung der eigenen Position aufs Tapet zu zerren aber, ist er sich freilich nicht.
So lässt man den eigentlichen Verursacher seine Hände in Unschuld waschen, sich öffentlich um die lieben Kunden (eigtl. ihr Geld) sorgen und ignoriert wie er seine Angestellten durch fragwürdige Klagen zu diskreditieren versucht. Was aber tun wir? Wir übernehmen kollektiv seinen Standpunkt. Wollen von Ursachen nichts wissen, denken nicht nach und schaden damit am meisten uns selbst. Immer wieder.
Eingestellt von Fleur