Wenn ein Kraftfahrer mit einem vergleichsweise geringen Verkehrsverstoß sein Flensburger Punktekonto überzieht, verliert er meist seinen Job. Immerhin hat er dann aber sofort Anspruch auf Arbeitslosengeld, wie das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt mit einem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil entschied (AZ: L 7 AL 120/09). Eine Sperrzeit dürfe das Arbeitsamt jedenfalls dann nicht verhängen, wenn der Arbeitsvertrag nicht zu regelgerechten Privatfahrten verpflichtet.

Im Streitfall hatte ein Lkw-Fahrer durch mehrfache Geschwindigkeitsüberschreitungen, Fahrerflucht und andere private Verstöße schon vor Beginn seines Arbeitsverhältnisses 17 Flensburger Punkte angesammelt. Entsprechend war er verwarnt worden. Dennoch kassierte er nach Beginn des Arbeitsverhältnisses einen weiteren und damit den entscheidenden 18. Punkt, weil er während einer Privatfahrt sein Handy benutzt hatte.

Daraufhin wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Der Arbeitgeber kündigte, weil er nur Arbeitsplätze für Fahrer habe. Für eine zwölfwöchige sogenannte Sperrzeit wollte das Arbeitsamt nun kein Arbeitslosengeld zahlen. Schließlich sei der Fahrer selbst für seine Entlassung verantwortlich.

Dem LSG Darmstadt schien dies zu hart: Die Sperrzeit sei zwar ständige Rechtsprechung nach Trunkenheitsfahrten oder andere besonders groben Verstößen, die schon für sich genommen zum Verlust des Führerscheins führen. Das Telefonieren während der Fahrt sei aber eine „alltägliche Verkehrsordnungswidrigkeit“ und mit Trunkenheitsfahrten nicht vergleichbar. Es sei nicht ersichtlich, dass der Arbeitgeber schon dies als Verstoß gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten werten wollte. Vielmehr sei der Lkw-Fahrer nur entlassen wollte, weil er nicht mehr fahren durfte. Eine Sperrzeit setze aber einen Verstoß des Arbeitnehmers gegen arbeitsvertragliche Pflichten voraus, betonte das LSG in seinem Urteil vom 21.10.2011.

Im Ergebnis kam dem Fahrer somit zugute, dass sein Arbeitsvertrag keine Klausel zu privaten Verkehrsverstößen enthielt. Genau dies war bei einem Kollegen in Hamburg der Fall, der mit einem Rotlichtverstoß sein Flensburger Punktekonto zum Überlaufen gebracht hatte. Mit Urteil vom 11.05.2011 hatte hier daher das LSG Hamburg (AZ: L 2 AL 44/08) eine Sperrzeit bestätigt.

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