Weil einem Niederländer sein Führerschein gestohlen wurde, sind unter seinem Namen innerhalb von 15 Monaten 1.737 Autos angemeldet worden. Dass die Behörden den Führerschein nach der Verlustmeldung nicht gesperrt haben und stattdessen noch die fälligen Kfz-Steuern einforderten und den Mann mit Strafen überzogen, hat ihn in seinem Recht auf Schutz des Privatlebens verletzt, urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Dienstag, 14.02.2012, in Straßburg (AZ: 7094/06).

Für den aus Maastricht stammenden Niederländer begann der bürokratische Alptraum am 03.11.1995. An diesem Tag meldete er der Polizei, dass sein Führerschein offenbar gestohlen wurde. Doch die zuständige Behörde versäumte es, die verschwundene Fahrerlaubnis zu sperren – mit fatalen Folgen. Denn der unbekannte Dieb nutzte den Führerschein, um innerhalb von 15 Monaten 1.737 Autos auf den Namen des Maastrichters anzumelden. Anders als in Deutschland reicht in den Niederlanden allein ein Führerschein als Identitätsnachweis für die Zulassung eines Autos aus. Die niederländischen Behörden forderten nun für den vermeintlich großen Fuhrpark Kfz-Steuern ein oder erließen Strafen wegen zu verantwortender Verkehrsunfälle. Seine Sozialhilfeansprüche verlor der Niederländer ebenfalls: Angesichts des großen Fuhrparks seien offenbar ausreichende finanzielle Mittel vorhanden, so der Sozialhilfeträger. Selbst eine Haft musste der Mann wegen der auf seinen Namen angemeldeten Autos über sich ergehen lassen.

Seinen Antrag, die Zulassung der 1.737 Autos rückwirkend wieder aufzuheben, fand vor der niederländischen Straßenverkehrsbehörde kein Gehör. Beim EGMR rügte der Niederländer, dass mit dem Behördenvorgehen sein Recht auf Schutz der Privatsphäre verletzt wurde. Die Behörden hätten seinen gestohlenen Führerschein nicht umgehend gesperrt, so dass fremde Personen seine Fahrerlaubnis und damit seine Identität missbrauchen konnten. Dem folgten nun auch die Straßburger Richter und sprachen dem Mann eine Entschädigung in Höhe von 9.000,00 € zu. Die niederländischen Behörden seien erst im März 1997 und damit viel zu langsam in der Lage gewesen, den gestohlenen Führerschein zu sperren. Nach der Sperrung sei auch kein weiteres Auto mehr auf den Namen des Beschwerdeführers zugelassen worden. Der Behördenfehler habe letztlich zu einem unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre geführt.

Weitere EGMR-Entscheidungen finden Sie bei Kanzlei Dr. Bahr, beck-blog, e-comm, RA Andreas Fischer, iuswanze und kanzlei.biz.

Bildnachweis: © GaToR-GFX – Fotolia.com