Sind pflegebedürftige Menschen bei Arztbesuchen auf die Hilfe ihrer Angehörigen angewiesen, muss die Fahrt zur Praxis als Pflegezeit angerechnet und so beim Pflegegeld berücksichtigt werden. Ein tatsächlicher Betreuungsaufwand während der Fahrt muss hierfür nicht vorliegen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz in einem am Freitag, 16.03.2012, veröffentlichten Urteil in Mainz (AZ: L 5 P 29/11).

Im Streitfall hatte die 1958 geborene Klägerin bei der sozialen Pflegeversicherung Pflegegeld der Stufe I beantragt. Sie leide an Fettleibigkeit, Arthrose, Depressionen, Harninkontinenz und chronischen Schmerzen. Sie sei pflegebedürftig und auf die Hilfe ihres Ehemannes angewiesen.

Doch die Pflegekasse lehnte den Antrag auf Pflegegeld ab. Nach den gesetzlichen Bestimmungen müsse ein Pflegebedarf von täglich mindestens 90 Minuten bestehen, davon mehr als 45 Minuten in der Grundpflege. Dies liege bei der Klägerin aber nicht vor.

Das LSG korrigierte jedoch die Pflegezeitberechnung in seinem Urteil vom 02.02.2012. Die Pflegekasse müsse auch die Zeiten für regelmäßige Fahrten zum Arzt als Grundpflege berücksichtigen. Denn bei der Frau bestehe eine Sturzgefahr, so dass ihr Ehemann sie in die Arztpraxis bringen müssen. Die Fahrt sei im konkreten Fall durchschnittlich mit sechs Minuten täglich auf die Pflegezeit anzurechnen. Ob die Frau bei der Fahrt selbst Hilfe brauche, spiele dabei keine Rolle. Denn ihr Mann müsse so oder so mitkommen, damit er ihr beim Weg vom Auto zur Praxis helfen kann.

Aus gleichem Grund müsse auch die Wartezeit beim Arzt auf die Pflegezeit mitgezählt werden. Dies habe das Bundessozialgericht bereits in einem Urteil vom 06.08.1998 entschieden (AZ: B 3 P 17/97 R).

Bei der Klägerin kämen so 50 Minuten tägliche Grundpflege und 130 Minuten für den Hilfebedarf im Haushalt zusammen. Damit bestehe ein Anspruch auf Pflegegeld der Stufe I, urteilte das LSG.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles hat das LSG die Revision zum Bundessozialgericht in Kassel zugelassen.