Für Zehntausende, in Sportvereinen tätige ehrenamtliche Menschen ist ihre freiwillige Unfallversicherung bei der Berufsgenossenschaft – trotz Beitragszahlung – offenbar Makulatur. Dies geht aus einem Dienstag, 27.03.2012, verhandelten Verfahren vor dem Bundessozialgericht (BSG) hervor (AZ: B 2 U 17/11 R). So hat die Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) nach Auffassung der Kasseler Richter seit Jahren Beiträge für die freiwillige Unfallversicherung für ehrenamtlich Tätige eingezogen, ohne dass überhaupt ein Versicherungsverhältnis wirksam begründet wurde.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen können gewählte oder beauftragte ehrenamtlich in Sportvereinen tätige Personen sich bei der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) freiwillig unfallversichern. Der Versicherungsschutz kostet dabei nur 2,73 € im Jahr. So hatte die VBG im Jahr 2010 für 236.487 ehrenamtlich tätige Vereinssportler Beiträge für die freiwillige Unfallversicherung erhoben.
Die Beiträge zahlen in der Regel meist die einzelnen Landessportverbände oder Vereine. Laut VBG ist in den allermeisten Fällen nicht bekannt, für wen konkret der Versicherungsschutz bestehen soll. Erst bei einem Unfall werden dem Unfallversicherungsträger die genauen Daten mitgeteilt.
Das BSG wies jedoch in dem Verfahren daraufhin, dass die gesetzlichen Regelungen etwas anderes vorsehen. So müsse der ehrenamtliche Versicherungsnehmer selbst bei der VBG einen Antrag auf eine freiwillige Unfallversicherung stellen. Nur dann bestehe ein „vertrauensvolles Versicherungsverhältnis“, für das Beiträge und Versicherungsschutz verlangt werden können. Unzulässig sei es, dass Vereine und Verbände für ihre ehrenamtlich Tätigen eine Versicherung abschließen und der Unfallversicherungsträger erst im Schadensfall von dem konkreten Versicherungsnehmer erfährt.
„Das Gesetz kennt keine Versicherungsform durch fremde Erklärung und auf fremde Rechnung“, so Wolfgang Meyer, Vorsitzender des 2. BSG-Senats. Wisse der Unfallversicherungsträger nicht genau, welcher ehrenamtlich Tätige Versicherungsschutz in Anspruch nimmt, bestehe nach den gesetzlichen Bestimmungen gar keine freiwillige Versicherung, die „die Beitragspflicht begründet.
Kommt es zu einer freiwilligen Unfallversicherung, ist laut BSG auch nur die ehrenamtliche Tätigkeit „in Ausübung des Vereinszwecks“ versichert. Im Streitfall war die Vorsitzende eines Wandervereins beim Wandern im Saarland gestürzt und hatte sich dabei einen komplizierten Splitterbruch am Handgelenk zugezogen.
Die VBG wollte für den Unfall nicht zahlen, da die Klägerin während ihres Privatvergnügens den Unfall erlitten habe. Die Frau argumentierte, dass sie während des Wanderns vor allem Leitungs- und Aufsichtsfunktionen als Vorsitzende innehatte. Dies bestätigte auch das saarländische Landessozialgericht.
Das BSG zweifelte im konkreten Fall an, ob überhaupt ein freiwilliger Unfallversicherungsschutz bestanden hat. Denn nicht die Klägerin, sondern der Verein hatte die freiwillige Unfallversicherung bei der VBG beantragt und dafür Beiträge gezahlt.
Doch zu einem Urteil des BSG kam es nicht. Denn die VBG hatte nach den Hinweisen des Senats ihre Revision wieder zurückgenommen. Damit ist das LSG-Urteil rechtskräftig, wonach die Vereinsvorsitzende eine Unfallentschädigung bekommt.
Die Vertreterin der VBG kündigte an, ihre Berufsgenossenschaft werde das System nun so rasch als möglich umstellen. Trainer, Vorstände und andere Ehrenamtler im Sport, die sichergehen wollen, dass sie schon ab sofort unfallversichert sind, sollten sich aber bei der VBG anmelden.
Möglicherweise können die einzelnen Vereine und Verbände nun ihre seit Jahren geleisteten Beiträge für jene ehrenamtlich Tätigen wieder zurückfordern, die bei der BG nicht selbst die freiwillige Unfallversicherung beantragt haben. Denn für diese Gruppe hat es nach Ansicht der Kasseler Richter nie einen Versicherungsschutz gegeben.
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