Die Äußerung eines Richters, dass ein Prozessbeteiligter den „Schwanz einzieht“, macht ihn noch nicht befangen. Auch wenn ein Richter mit solch derber Sprache seine Enttäuschung über das Nichterscheinen eines Beklagten kommentiert, begründet dies noch keine Zweifel an dessen Unparteilichkeit, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart in einem am Mittwoch, 04.04.2012, veröffentlichten Beschluss (AZ: 14 W 2/12). Das OLG lehnte in seinem Beschluss vom 29.03.2012 damit den Befangenheitsantrag gegen einen Vorsitzenden Richter eines Landgerichts ab.

In einem Rechtsstreit zwischen zwei Gesellschaftern einer GmbH hatte der Richter am 04.08.2011 verfügt, dass die Prozessparteien am 24.11.2011 vor Gericht für einen Güteversuch erscheinen sollten. Doch als der Beklagte wegen „dringenden Angelegenheiten“ – eine Geschäftsreise nach Indien – nicht zum angeordneten Termin erschien, zeigte sich der Richter enttäuscht. Der beklagte Geschäftsmann hätte der Ladung des Gerichts Folge leisten sollen, statt den „Schwanz einzuziehen“, so der Vorsitzende.

Der Anwalt des Beklagten hielt diesen Kommentar für beleidigend. Als der Richter auch bei einem am Folgetag geführten Telefongespräch seine derbe Sprache nicht relativierte, stellte der Anwalt einen Befangenheitsantrag. Der Richter habe mit seiner Äußerung zum Ausdruck gebracht, dass er eine „sachliche Auseinandersetzung“ nicht mehr wolle.

Sowohl das Landgericht als auch das OLG sahen keinen Grund, dem Befangenheitsantrag stattzugeben. „Den Schwanz einziehen“ sei zwar eine „saloppe bis derbe Redensart“, die Äußerung dürfe jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Denn der Beklagte sei zu dem immerhin mit dreimonatiger Vorlaufzeit anberaumten Termin nicht erschienen. Die Unmutsäußerung habe sich auch nur auf das Nichterscheinen bezogen. Dass der Richter gegenüber dem Beklagten generell negativ eingestellt sei, sei nicht ersichtlich.

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