Werden Arbeitnehmer an ihrem letzten Beschäftigungstag von ihrem Arzt noch krankgeschrieben, darf ihnen die Krankenkasse deshalb nicht das Krankengeld verweigern. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in einem am Donnerstag, 10.05.2012, verkündeten Grundsatzurteil klargestellt (AZ: B 1 KR 19/11 R). Der Krankengeldanspruch bestehe ab dem Tag der festgestellten Arbeitsunfähigkeit, so der 1. Senat.
Im entschiedenen Fall war die aus dem Raum Düsseldorf stammende Klägerin bis zum 30.09.2008 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. An ihrem letzten Arbeitstag ließ sie sich wegen einer rheumatischen Erkrankung krankschreiben. Die Arbeitsunfähigkeit wurde in Folge mehrfach verlängert, unter anderem bis zum 27.10.2008. Die Arbeitsunfähigkeit über diesen Zeitpunkt hinaus ließ sich die Frau ebenfalls bescheinigen, das ärztliche Attest wurde jedoch erst einen Tag später eingeholt.
Die Krankenkasse DAK-Gesundheit weigerte sich, Krankengeld zu zahlen. Ein Krankengeldanspruch entstehe erst einen Tag nachdem die Arbeitsunfähigkeit vom Arzt bescheinigt worden ist. Stehe der Arbeitnehmer dann nicht mehr in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, bestehe auch kein Anspruch auf Krankengeld mehr. Dies sei bei der Klägerin der Fall gewesen.
Die DAK-Gesundheit bemängelte zudem, dass die bis zum 27.10.2008 befristet ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht bis dahin verlängert worden ist. Die Klägerin habe erst einen Tag später – und damit zu spät – ein erneutes ärztliches Attest eingeholt. Darüber hinaus könne daher erst recht kein Krankengeld gezahlt werden.
Das BSG gab der Klägerin teilweise recht. Sie habe Anspruch auf Krankengeld, auch wenn sie am letzten Tag ihrer Beschäftigung arbeitsunfähig wurde. Dies gehe aus der maßgeblichen Gesetzesbegründung so hervor. Über den 27.10.2008 hinaus müsse die DAK-Gesundheit jedoch kein Krankengeld zahlen. Die Klägerin habe sich ihre anhaltende Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig vor Auslaufen des alten Attests erneut bestätigen lassen. Werde diese Frist auch nur um einen Tag verpasst, gehe nicht mehr versicherungspflichtig Beschäftigten der Krankengeldanspruch verloren.
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Ist das Urteil ab sofort rechtskräftig ? Ich habe nähmlich grad diesen Fall mit der Krankenkasse.
Ja, damit ist das Verfahren vor den Sozialgerichten abgeschlossen. Theoretisch wäre an eine Verfassungsbeschwerde zu denken. Aber praktisch ist die Sache damit entschieden.
also muss mir die Krankenkasse Krankengeld gewähren ?
Gilt das Urteil rückwirkend ?
Falls der Krankengeldbescheid noch nicht rechtskräftig sein sollte, ja. Andernfalls würde ich einen Antrag nach § 44 SGB X auf erneute Überprüfung stellen.
also ich habe den bescheid 7.5.12 bekommen und am 09.05.12 Widerspruch eingelegt – also ist er nichts rechtskräftig oder ? Ich habe mich auf das Urteil des LSG NRW berufen und mitgeteilt, dass das BSG am 10.05.12 sein Urteil fällt.
Ich denke, das war genau die richtige Vorgehensweise. Mit der Entscheidung des BSG müsste dem Widerspruch stattgegeben werden.
Danke für Ihre Antwort. Die Krankenkasse hat mir heute mitgeteilt, das sie meinen Widerspruch an die Widerspruchstelle weitergeleitet hat und solange das BSG keine amtlich Auschreibung macht, das alte BSG Urteil gilt. Ich sehe das zwar nicht so, aber naja…..
Sollte tatsächlich ein ablehnender Widerspruchsbescheid erlassen werden, würde ich sofort dagegen klagen.
Ist dass Urteil jetzt rechtskräftig oder nicht?
Oder hat die DAK Verfassungsbeschwerde eingereicht?
Hallo Herr Blaufelder,
ich wollte Ihnen schon lange mitteilen, dass mir die Krankenkasse Krankengeld zahlt. Es war zwar ein “Hin-und Her” Geschreibe, das Sozialgericht Ulm habe ich auch eingeschaltet, aber letztendlich hat sich die Krankenkasse dem Urteil des BSG angeschlossen und mir sogar für 5 Wochen rückwirkend das Krankengeld gezahlt.Seit Juni bekomme ich nun reibungslos mein Krankengeld.
Das freut mich für Sie.
Man sieht: kämpfen lohnt sich! 🙂
Ich bin am 21.02., am letzten Tage meiner sozialpflichtigen Beschäftigung erkrankt. Bis 15.03. wurde ich krankgeschrieben. Jetzt bin ich familienversichert. Die KK möchte kein Krankengeld zahlen mit dem Argument, ab dem 22.02. bin ich familienversichert. Aber ich glaube, es steht mir Krankengeld zu. Hat jemand Erfahrung?
Dann muss die Krankenkasse zumindest bis zum 15.03.2013 das Krankengeld weiterbezahen. In dieser Zeit der Erkrankung steht man dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung und erhält deshalb kein Arbeitslosengeld von der Agentur für Arbeit. Ich würde daher empfehlen, gegen die Ablehnung der Krankenkassse schriftlich Widerspruch einzulegen
… und wenn die KK kein Krankengeld zahlen will – wo muss ich mich wenden?