Werden frischgebackene Eltern von der Arbeit bei voller Gehaltszahlung freigestellt, können sie noch zusätzlich Elterngeld erhalten. Der Elterngeldanspruch geht nur dann verloren, wenn die volle Erwerbstätigkeit tatsächlich ausgeübt wird, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Montag, 05.11.2012, veröffentlichten Urteil (AZ: B 10 EG 7/11 R).

Nach den gesetzlichen Bestimmungen können Eltern Elterngeld erhalten, wenn sie ihren Wohnsitz in Deutschland haben, mit ihrem Kind in einem Haushalt leben, sie es selbst betreuen und „keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausüben“. Die wöchentliche Arbeitszeit darf dabei nicht 30 Wochenstunden übersteigen. Für die Elterngeldberechnung ist das durchschnittliche Einkommen maßgeblich, welches in den letzten zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes erzielt wurde. Das Elterngeld beträgt dann mindestens 300,00 € bis maximal 1.800,00 € monatlich. Gehen Eltern während der Elternzeit einer Teilzeitbeschäftigung nach, wird dieses Geld mindernd angerechnet.

Im entschiedenen Rechtsstreit bekam nun eine Bankfachwirtin aus dem Raum Aachen von den obersten Sozialrichtern recht. Ihr Arbeitgeber, eine Privatbank, wollte die Filiale, in der die Klägerin arbeitete, schließen. Am 22.11.2009 vereinbarte die Bank daher mit der Beschäftigten einen Aufhebungsvertrag. Danach wurde die Frau bis Ende 2010 von ihrer Arbeit bei voller Gehaltszahlung – monatlich 5.089,00 € brutto – freigestellt.

Als die Klägerin am 04.06.2010 einen Sohn zu Welt brachte, beantragte sie für insgesamt vier Monate Elterngeld.

Das Versorgungsamt der Städteregion Aachen lehnte die Zahlung von Elterngeld ab. Auch wenn sie freigestellt sei, verfüge sie über monatliches Arbeitseinkommen im Umfang einer vollen Stelle. Der von ihr gewünschte monatliche Elterngeld-Grundbetrag könne daher nicht gewährt werden.

Das BSG stellte nun in seinem Urteil vom 29.08.2012 klar, dass es auf die tatsächliche Ausübung der Erwerbstätigkeit ankommt. Damit stehe freigestellten Arbeitnehmern auch bei voller Gehaltszahlung grundsätzlich Elterngeld zu. Denn sie übten ihre Beschäftigung nicht aktiv aus.

Sinn und Zweck des Elterngeldes sei es nicht nur, ausfallendes Erwerbseinkommen teilweise zu ersetzen. Das Elterngeld solle auch dafür sorgen, dass sich Eltern der Betreuung und Erziehung des Kindes widmen. Dies sei bei freigestellten Arbeitnehmern der Fall gewesen. Als Anerkennung der Betreuungsleistung stehe dem jeweiligen Elternteil – unabhängig von seiner Bedürftigkeit und seines Einkommens – der Basisbetrag in Höhe von 300,00 € monatlich zu.

Den konkreten Rechtsstreit verwies das BSG dennoch an das Sozialgericht Aachen zurück. Dieses muss noch prüfen, ob die Klägerin während ihrer Freistellung eine anderweitige volle Erwerbstätigkeit ausgeübt hat. Dann würde kein Elterngeldanspruch bestehen.

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