Gegen Hartz-IV-Empfänger dürfen nicht so schnell Sanktionen wegen einer Arbeitsaufgabe verhängt werden, wie gegen Bezieher von Arbeitslosengeld I. Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem am Mittwoch, 14.11.2012, bekanntgegebenen Urteil entschieden (AZ: L 3 AS 159/12).
Geklagt hatte eine Arbeitslose aus dem Raum Koblenz. Sie hatte ihre bisherige Stelle wegen Mobbings gekündigt. Die damit verbundenen psychischen Belastungen ließ sie jedoch nicht vom Arzt feststellen. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) verhängte daraufhin eine zwölfwöchige Sperrzeit auf das Arbeitslosengeld I. Es habe an einem „wichtigen Grund“ für die Kündigung gefehlt, so die Begründung. Mobbing könne zwar einen „wichtigen Grund“ darstellen, dessen gesundheitliche Auswirkungen müssten jedoch nachgewiesen werden.
Da die Klägerin während der Sperrzeit über keinerlei Einkünfte verfügte, beantragte sie Hartz IV. Das Jobcenter zahlte zwar, forderte das Arbeitslosengeld II jedoch später wieder zurück. Die Frau habe ihre Arbeitslosigkeit mit der Kündigung „grob fahrlässig“ herbeigeführt. Ein „wichtiger Grund“ für die Arbeitsaufgabe habe nicht vorgelegen.
Das LSG gab in seinem Urteil vom 26.06.2012 jedoch der Arbeitslosen recht. Beim steuerfinanzierten Hartz IV würden nicht so strenge Maßstäbe für einen „wichtigen Grund“ gelten, als für das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld I. Auch wenn die Klägerin ihre psychischen Beeinträchtigungen durch das Mobbing nicht habe ärztlich feststellen lassen, habe sie die wiederkehrenden Herabsetzungen durch Kollegen nachvollziehbar dargestellt und ihre Arbeitsaufgabe damit begründet. Für Hartz-IV-Leistungen seien damit die Anforderungen für die Darlegung eines „wichtigen Grundes“ ausreichend erfüllt.
Wie dieser Fall beweist, kann jedem von Mobbing Betroffenen nur empfohlen werden, Mobbingsituationen ausreichend zu dokumentieren und auch ärztlicherseits feststellen zu lassen.
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Bleibt immer noch das grundlegende Problem der europäischen Rechtssprechung. In Frankreich hätte danach das Jobcenter nachweisen müssen, dass die Frau nicht gemobbt worden ist.
Dieser eklatante Widerspruch zeigt, woran unsere Gesellschaft krank, nicht der Täter muss beweisen, sondern das Opfer.
In dem Sinne sollten sich mal unsere Gilde der Juristen und insbesondere die der Staatsanälte und Richter mit der europäischen Menschenrechtskonvention beschäftigen.
“Ein Mobbing-Fall, zwei Länder, zwei Urteile”
MfG
Harry Gambler
http://www.volksstimme.de/nachrichten/deutschland_und_welt/meinung_und_debatte/956773_Ein-Mobbing-Fall-zwei-Laender-zwei-Urteile.html
Interessanter Artikel in der Volksstimme. Allerdings ging es in diesem fiktiven Fall um Arbeitsrecht. Das Urteil des LSG Mainz bezieht sich jedoch auf das Sozialrecht, also um staatliche Leistungen statt Schadensersatz. Ob es dann auch eine Beweislastumkehr gibt? Zu Lasten des Staates?