© runzelkorn - Fotolia.comIm Streit mit einer Sozialbehörde hängt die Notwendigkeit anwaltlichen Beistands nicht vom Streitwert ab. Auch wenn es nur um 2,05 € geht, muss die Behörde dem Bürger gegebenenfalls einen Anwalt bezahlen, wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Freitag, 08.03.2013, veröffentlichten Urteil entschied (AZ: B 4 AS 97/11 R).

Im Streitfall hatte das Jobcenter von einer Hartz-IV-Empfängerin in Bayern 352,00 € angeblich überzahlter Leistungen zurückgefordert. Die Arbeitslose legte dagegen jedoch Widerspruch ein. Ohne über den Widerspruch zu entscheiden, schickte das Jobcenter der Frau eine „Mahnung“: Neben den zurückgeforderten 352,00 € sollte sie auch eine Mahngebühr in Höhe von 2,05 € bezahlen.

Mit dieser „Mahnung“ ging die Hartz-IV-Empfängerin zu einem Anwalt. Der legte erneut Widerspruch ein, auch gegen die Mahngebühr. Der schon von der Arbeitslosen eingelegte Widerspruch habe aufschiebende Wirkung. Daher scheide eine Mahngebühr wegen der ausgebliebenen Rückzahlung aus.

Das Jobcenter sah seinen Fehler bei der Mahngebühr ein und stornierte die Forderung von 2,05 €. Allerdings sei der Widerspruch gegen die Mahnung unzulässig gewesen. Schließlich sei es nur um einen Bagatellbetrag gegangen. Daher weigerte sich die Behörde, die Anwaltskosten zu übernehmen.

Doch Sozialbehörden können in der Regel nicht verlangen, dass sich unkundige Bürger ohne jede Unterstützung der durch erfahrene Juristen vertretenen Behörde entgegenstellen, betonte nun das BSG. Entscheidend sei dabei nicht der Streitwert, „sondern die Wahrung des Grundsatzes der Waffengleichheit“. Die Bürger dürften immer dann einen Anwalt beiziehen, „wenn im Kenntnisstand und Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht“.

Ohne Erfolg verwies das Jobcenter auf ein Urteil des 14. BSG-Senats vom 12.07.2012 (AZ: B 14 AS 35/12). Darin hatten die Kasseler Richter ein Rechtsschutzbedürfnis bezüglich einer Aufrundung von Hartz-IV-Leistungen um 20 Cent verneint. Wie nun der 4. BSG-Senat betont, liege darin keine Abkehr vom „Grundsatz der Waffengleichheit“. Der 14. Senat habe hier nur deshalb anders entschieden, weil die Rundungsregeln erkennbar „zur Vereinfachung verwaltungsinterner Abläufe“ geschaffen worden seien und nicht wegen einer Erhöhung der Hartz-IV-Leistungen.

Im Streit um die Mahngebühr sei eine solche Ausnahme nicht gegeben, heißt es nun in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil des 4. BSG-Senats vom 02.11.2012. Insbesondere habe die Hartz-IV-Empfängerin der „Mahnung“ nicht entnehmen können, dass die Behörde von dem leicht aufklärbaren Irrtum ausgegangen ist, dass bislang kein Widerspruch eingelegt wurde.

Bei einem erfolgreichen Widerspruch müsse die Behörde aber den Anwalt bezahlen, so das BSG weiter. Hier sei der Widerspruch des Anwalts erfolgreich gewesen, denn das Jobcenter habe die Mahngebühr storniert.

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