Verwenden Arbeitnehmer bei ihrer Arbeit einen Stempel der früheren Waffen SS, ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt. Selbst wenn Beschäftigte solch einen Stempel auch nur einmalig und ohne „etwas Böses“ dabei gedacht zu haben nutzen, ist dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung nicht zuzumuten, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 27.09.2012 (AZ: 15 Sa 782/12).
Stein des Anstoßes war die Stempelung der Rückseite eines Lieferscheins mit dem Schriftzug „Waffen SS Berlin“. Ein 55-jähriger Mitarbeiter des Werkschutzes eines stahlverarbeitenden Unternehmens wollte einem Lkw-Fahrer eines Kunden seinen NS-Stempel zeigen, den er auf einem belgischen Flohmarkt gekauft hatte. Der Lkw-Fahrer nahm den Lieferschein nach der Stempelung wieder mit.
Als der Geschäftsführer des Kunden sich bei dem Arbeitgeber des 55-Jährigen massiv über die „Waffen SS Berlin“-Stempelung beschwerte, hatte dies arbeitsrechtliche Folgen. Das Unternehmen kündigte dem Mann am 23.12.2011 fristlos. Auch der Betriebsrat stimmte der Kündigung zu.
Der Werkschutzmitarbeiter hielt die Kündigung für überzogen. Eine Abmahnung sei ausreichend, zumal er schon seit 1971 in dem Betrieb arbeite. Er bestritt, dass er wissentlich den Lieferschein abgestempelt hat. Er sei im Glauben gewesen, dass es nur ein weißes Blatt Papier war. Er habe sich bei der Verwendung des „Waffen SS Berlin“-Stempels nichts Böses gedacht. Er habe den Stempel nur zeigen wollen. Der Fahrer habe daraufhin noch kommentiert: „SS, da könne man auch Superschneider sagen“. Er habe auch nicht gewusst, dass es sich bei dem Stempel um ein Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation gehandelt habe, so der Kläger.
Sowohl das Arbeitsgericht Siegen als auch das LAG hielten die fristlose Kündigung für wirksam. Der Werkschutzmitarbeiter sei laut Arbeitsvertrag verpflichtet, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen seines Arbeitgebers zu nehmen. Die Verwendung eines Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation stelle aber einen erheblichen Verstoß gegen die vertragliche Rücksichtnahmepflicht dar. Hier sei der gute Ruf des Arbeitgebers im Geschäftsverkehr in schwerwiegender Weise verletzt worden. Dies sei ein „wichtiger Grund“ für eine fristlose Kündigung.
Das Verhalten des Klägers sei nicht nur als gedankenlos zu werten: Es lasse auch Rückschlüsse zu, dass er keine persönlichen Probleme mit dem Verwenden von nationalsozialistischen Symbolen und Kennzeichen habe. Der Kläger verharmlose nicht nur das NS-Regime, sondern verhöhne auch dessen Millionen von Opfern. Er habe billigend in Kauf genommen, dass auch dritte Personen die Stempelung sehen können.
Die Verwendung des „Waffen SS Stempels“ könne gerade auch die internationalen Geschäftsbeziehungen des Arbeitgebers, beispielsweise nach Israel oder den USA, schwer gefährden, wenn nicht sogleich beenden, so das LAG. Würde der Kündigungsschutzklage stattgegeben, hätte dies eine „ausgesprochen negative Signalwirkung zur Folge, gerade in Zeiten eines durchaus erneut stark auftrumpfenden Rechtsradikalismus in Deutschland“.
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