© Harald07 - Fotolia.comDiabetiker können sich auf Kassenkosten unter Druck setzenlassen. Denn leiden Zuckerkranke an einem schweren diabetischen Fußsyndrom, kann die Krankenkasse zur Kostenerstattung für eine ambulante Sauerstoffüberdrucktherapie verpflichtet sein, urteilte am Dienstag, 07.05.2013, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (AZ: B 1 KR 44/12 R). Damit gab der 1. BSG-Senat einer Diabetikerin aus dem Raum Aachen recht.

Bei der Frau hatte sich ein diabetisches Fußsyndrom mit dem Schweregrad „Wagner III“ herausgebildet, welches mit einer Wundheilungsstörung und tiefen Geschwüren einherging. Ab diesem Schweregrad greifen Standardtherapien nicht mehr. Wegen der drohenden Amputation ihres Unterschenkels setzte die Diabetikerin ihre Hoffnung in die sogenannte Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO).

Bei der HBO-Therapie sitzen Patienten in einer Überdruckkammer und atmen 100 Prozent reinen medizinischen Sauerstoff ein. Durch den Druck von zwei bis zweieinhalb Bar, vergleichbar dem Druck in einer Wassertiefe von zehn bis 15 Metern, kann das Blut vermehrt Sauerstoff aufnehmen. Auf diese Weise sollen die Selbstheilungskräfte des Körpers angeregt werden. Studien zufolge kann auf diese Weise bei bestehenden Wundheilungsstörungen in 36 Prozent der Fälle eine Amputation von Gliedmaßen vermieden werden.

Die Klägerin unterzog sich zehn stationären und 36 ambulanten HBO-Behandlungen. Ihre Krankenkasse, die BKK EUREGIO, zahlte zwar die stationären, nicht aber die 36 ambulanten Behandlungen. Die Kosten in Höhe von insgesamt 6.949,00 € sollte die Frau selbst übnehmen.

Die Kasse berief sich auf Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) – ein Gremium, in dem Krankenkassen, Ärzte, Kliniken und Patienten vertreten sind. Bei stationären Behandlungen muss der G-BA jene Therapien in einer Liste explizit aufführen, für die keine Kostenerstattung durch die Krankenkassen erfolgen soll. Dies hatte das Gremium zwar auch bei der HBO-Therapie getan, allerdings mit einer Ausnahme: Beim diabetischen Fußsyndrom ab dem Schweregrad III müssen die Kosten für eine notwendige Behandlung übernommen werden.

Sollen dagegen die Kosten für eine ambulante Behandlung übernommen werden, muss der G-BA die jeweilige Therapie in einer Positivliste extra empfehlen. Dies hat er bei der HBO-Therapie des diabetischen Fußsyndroms jedoch nicht getan. Daher zahlte die BKK EUREGIO auch nur die stationären und nicht die ambulanten Behandlungen.

Das BSG stellte hier ein „Systemversagen“ fest. Der G-BA habe nicht durchgreifend begründet, warum die für die Patientin notwendige HBO-Therapie nur stationär durchzuführen ist. Ausnahmsweise müssten daher bei einem diabetischen Fußsyndrom ab dem Schweregrad III die Kosten für die ambulante HBO-Therapie übernommen werden.

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