Auch wenn eine fehlerhafte Überweisung in Höhe von 222.222.222,22 € von einer Bankangestellten bei der Prüfung von Zahlungsbelegen übersehen worden ist, muss dies noch nicht ihre Kündigung rechtfertigen. Eine vorsätzliche Schädigung des Arbeitgebers oder eine vorsätzliche Manipulation des Arbeitsablaufs haben hier nicht vorgelegen, so dass nur eine Abmahnung infrage gekommen wäre, entschied das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) in Frankfurt am Main in einem am Montag, 10.06.2013, bekanntgegebenen Urteil (AZ: 9 Sa 1315/12).
Damit kann die 48-jährige, bei einer Bank angestellte Klägerin ihren Job behalten. Zu ihren Aufgaben gehört die Überprüfung von Überweisungsbelegen und deren Korrektur. Am 02.04.2012 „überprüfte“ sie die Belege im wahrsten Sinne des Wortes „blitzschnell“. Nach Ermittlungen der Bank winkte sie 603 Belege in 1,4 Sekunden durch, für 105 Belege benötigte sie 1,5 bis drei Sekunden und für weitere 104 Belege gut drei Sekunden.
Dabei übersah sie aber einen fehlerhaften Zahlungsbeleg eines Rentners. Ein Arbeitskollege der Bankangestellten hatte den Beleg von 62,40 € auf 222.222.222,22 € „korrigiert“. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der vorprüfende Arbeitskollege während seiner Arbeit in den Sekundenschlaf gefallen war. Dabei war er mit einem Finger auf die Taste „2“ der PC-Tastatur geraten und hatte diese etwas länger gedrückt.
Der Millionenbetrag wurde jedoch nicht überwiesen. Durch eine systeminterne Prüfungsroutine der Bank wurde der Fehler bemerkt und wieder auf 62,40 € berichtigt.
Das Bankinstitut wollte trotzdem den übersehenen Fehler der Bankangestellten nicht durchgehen lassen und kündigte fristlos, hilfsweise ordentlich. Die Frau habe vorsätzlich über ihre Arbeitsleistungen getäuscht und die Belege ohne Prüfung freigegeben.
Sowohl das Arbeitsgericht Frankfurt am Main als auch jetzt das LAG hielten die Kündigung für rechtswidrig. Eine vorsätzliche Schädigung des Arbeitgebers oder eine vorsätzliche Manipulation ihrer Arbeitsleistung lägen nicht vor. Nach der Vorbearbeitung der Belege durch den Arbeitskollegen könne der Frau, die seit 26 Jahren in der Bank arbeitet, nur noch eine unterlassene Kontrolle des Überweisungsträgers vorgeworfen werden.
Dies sei zwar auch ein schwerer Fehler, die für eine verhaltensbedingte Kündigung notwendige negative Prognose sei aber dennoch nach Abwägung aller Umstände nicht erkennbar. Die Bank hätte auf das Fehlverhalten vielmehr mit einer Abmahnung reagieren können. Auch für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gebe es keine rechtliche Grundlage. Es sei „nach wie vor eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit möglich“, so das LAG in seinem Urteil vom 07.02.2013.
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