Wenn ein Filialleiter einer Bank seine Mitarbeiter auffordert, krankzufeiern, kann er fristlos entlassen werden. Das hat das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) in Frankfurt am Main in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 30.01.2013 entschieden (AZ: 6 Sa 944/12).
Der Kläger war Leiter einer als „Investment- und Finanzcenter“ geführten Bankfiliale. In dieser Position verdiente der Familienvater 6.083,00 € brutto.
Seit seiner Versetzung in die Filiale Anfang 2010 war er wiederholt arbeitsunfähig krank. Auch mehrere seiner 16 Mitarbeiter litten an teils massiven Beschwerden, die teilweise sogar den Einsatz eines Notarztes und einen anschließenden Krankenhausaufenthalt erforderlich machten.
Der Filialleiter führte dies auf die Räumlichkeiten und dort abgesonderte Gifte zurück. Messungen ergaben jedoch keine Auffälligkeiten. Regelmäßiges Lüften reiche aus, so die Gutachter. Gesundheitsgefahren bestünden nicht. Ein vom Filialleiter selbst in Auftrag gegebenes Gutachten kam allerdings zu anderen Ergebnissen; weitere von der Bank beauftragte Experten bestätigten dagegen die ersten Analysen.
Nach Angaben der Bank hatte sich der Filialleiter in die Frage der Raumluft hineingesteigert. Nicht nur bei den filialinternen Besprechungen, sondern auch mit privaten E-Mails und bei teils nächtlichen Telefonaten soll er seine Mitarbeiter damit konfrontiert haben. Mehrere Mitarbeiter soll er aufgefordert haben, an bestimmten Tagen „einen Krankenschein zu nehmen“, damit Gutachter mit hohen Fehlzeiten konfrontiert werden. Die Bank nahm dies zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung.
Wie zuvor schon das Arbeitsgericht Frankfurt am Main wies nun auch das LAG die Kündigungsschutzklage ab. Untergebene zum Krankfeiern aufzufordern, obwohl es keine Anzeichen für eine Arbeitsunfähigkeit gibt, sei eine „grobe Pflichtverletzung“, betonten die Frankfurter Richter. Das gelte unabhängig davon, ob die betreffenden Arbeitnehmer dann tatsächlich krankgeschrieben werden oder nicht. Diese Pflichtverletzung rechtfertige eine außerordentliche Kündigung. Im Streitfall seien die entsprechenden Zeugenaussagen der Mitarbeiter auch glaubwürdig.
Dass er ausschließlich im Interesse der Gesundheit seiner Mitarbeiter gehandelt habe, nahm das LAG dem Filialleiter nicht ab. Als er die Mitarbeiter zum Krankfeiern aufgefordert habe, sei er selbst schon länger krank gewesen und habe den aktuellen Gesundheitszustand der Beschäftigten daher gar nicht gekannt. Auch seien die Untersuchungen schon voll im Gange und sogar das Regierungspräsidium eingeschaltet gewesen. Der Filialleiter habe daher darauf vertrauen können und müssen, dass die Behörden die Filiale schließen, wenn tatsächlich eine Gesundheitsgefahr besteht.
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