© Harald07 - Fotolia.comArbeitnehmer aus der Türkei, die für ihre Ausweispapiere ihr Geburtsdatum nachträglich ändern lassen, müssen mit zwei Geburtsdaten leben. Denn die Rentenversicherung muss diese Änderung nicht übernehmen, wie das Sozialgericht (SG) Gießen in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 27.11.2013 betont (AZ: S 4 R 286/10).

Es wies damit eine Frau türkischer Herkunft ab, die seit 2006 die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Bei der Ausstellung ihres Sozialversicherungsausweises im April 2000 hatte sie ihren türkischen Pass mit dem Geburtsjahr 1981 vorgelegt. Ein türkisches Gericht korrigierte das Geburtsjahr später auf 1978.

Hintergrund sind die früheren Verhältnisse in der Türkei. In ländlichen Regionen waren dort bis in die 80er Jahre tagelange Fußmärsche erforderlich, um die nächste Meldebehörde zu erreichen. Daher wurden Kinder oft erst verspätet und – um türkische Strafen zu vermeiden – mit späterem Geburtsdatum gemeldet.

Bereits 2000 urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, dass die Deutsche Rentenversicherung eine Korrektur des Geburtsdatums nicht übernehmen muss (Urteil vom 14.03.2000, AZ: C-102/98 und C-211/98). Bei den entsprechenden Gesetzen ist es bis heute geblieben.

Im Gießener Fall hatte die Frau nun argumentiert, sie werde ständig von verschiedenen Behörden nach ihrem „richtigen“ Geburtsdatum gefragt. Dies sei überaus lästig.

Doch damit muss die Frau leben, urteilte das SG. Das rentenrechtliche Geburtsdatum sei „eigenständig definiert“. Verfassungsrechtliche Bedenken gebe es dagegen nicht.

Immerhin hat das Bundesarbeitsgericht sichergestellt, dass bei betroffenen Wanderarbeitnehmern aus der Türkei Arbeit und Rente nahtlos ineinander übergehen können. Sofern – wie nach zahlreichen Tarifverträgen üblich – das Arbeitsverhältnis mit 65 Jahren automatisch endet, stellt dies auf das rentenrechtliche Alter ab, urteilten die Erfurter Richter am 14.08.2002 (AZ: 7 AZR 329/01).

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