Rückkehrgespräche nach längeren Fehlzeiten unterliegen der Mitbestimmung durch den Betriebsrat. Denn die Frage nach Krankheiten und Ähnlichem betreffen die Privatsphäre der Arbeitnehmer, heißt es in einem aktuell veröffentlichten Beschluss des Landesarbeitsgerichts (LAG) München vom 13.02.2014 (AZ: 3 Ta 84/13).
Es gab damit in diesem Punkt dem Betriebsrat einer Bekleidungs-Einzelhandelsfiliale in München recht. Die Filialleitung führte dort sogenannte „Welcome-Back-Gespräche“ nach längeren Fehlzeiten. Der Betriebsrat verlangte Mitbestimmung darüber, welche Mitarbeiter zu solch einem Gespräch aufgefordert werden und wie die Gespräche geführt werden.
Der bundesweit tätige Mode-Händler lehnte dies ab. Er wolle Schwachpunkte bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen herausfinden, die Mitarbeiter bei der Wiederaufnahme ihrer Arbeit unterstützen und eventuelle Zweifel an einer vorausgehenden Arbeitsunfähigkeit ausräumen. Nach langen Fehlzeiten könne es allerdings auch um eine Versetzung oder eine Kündigung gehen. Alle Gespräche würden aber rein „einzelfallbezogen“ geführt und könnten daher nicht der Mitbestimmung unterliegen.
Tun sie aber doch, urteilte das LAG. Wenn es tatsächlich keine Kriterien für die Einladung zum Gespräch und keine vorgegebenen Inhalte gebe, dann sei dies willkürlich und schon deshalb mitbestimmungspflichtig. Die entsprechende Behauptung des Mode-Unternehmens sei aber auch nicht glaubhaft. Denn es könne die von ihm selbst genannten Ziele nur erreichen, wenn es Informationen systematisch abfrage.
Dass formalisierte Krankengespräche der Mitbestimmung unterliegen, hatte das BAG bereits am 08.11.1994 entschieden (AZ: 1 ABR 22/94). Inzwischen ist diese Frage aber in der Literatur ebenso wie bei den Instanzgerichten wieder umstritten. Das LAG München schloss sich nun der alten Auffassung des BAG an. Es ließ aber die Revision zu, damit die obersten Arbeitsrichter nach 20 Jahren erneut über die Krankengespräche entscheiden können.
Zur Begründung führte das LAG an, es gehe hier nicht um Weisungen gegenüber einzelnen Arbeitnehmern, sondern letztlich um die allgemeine Ordnung im Betrieb. Diese unterliege der Mitbestimmung.
Zudem seien die Arbeitnehmer bei solchen Gesprächen besonders schutzbedürftig. Sie würden mit Fragen konfrontiert, die ihre Privatsphäre beträfen und unterlägen einem starken Druck und „faktischem Zwang“, diese auch zu beantworten. So habe ein Arbeitnehmer des Modegeschäfts Depressionen offenbart, ohne dass der Arbeitgeber eine solche Information rechtlich gesehen verlangen konnte. Solche Antworten könnten aber schwerwiegende Konsequenzen für das weitere Arbeitsverhältnis haben.
Im konkreten Fall darf daher die Filialleitung des Modegeschäfts keine weiteren „Welcome-Back-Gespräche“ ohne Zustimmung des Betriebsrats mehr führen.
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