Ein Reinigungsunternehmen darf die von seinen beschäftigten Toilettenaufsichtspersonen eingesammelten Toiletten-„Trinkgelder“ nicht ohne Weiteres für sich vereinnahmen. Die Berufung gegen zwei entsprechende Urteile des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einem am Mittwoch, 23.04.2014, bekanntgegebenen Beschluss als unzulässig verworfen (AZ: 16 Sa 199/14 und 16 Sa 200/14). Damit ist ein Gladbecker Reinigungsunternehmen zunächst zur Auskunft über die Höhe einbehaltener Toiletten-Trinkgelder gegenüber zwei früheren Toilettenaufsichtspersonen, einem Ehepaar, verpflichtet.
Eine Klägerin war bis Ende Juni 2013 im Centro Oberhausen, einem großen Einkaufszentrum, als sogenannte „Sitzerin“ eingesetzt. Hauptaufgabe war es, in den Eingangsbereichen der Toilettenanlagen Sammelteller zu beaufsichtigen, wo Toilettenbesucher freiwillig einen kleinen Obolus entrichten konnten.
Als „Sitzerin“ sollte sie für einen Stundenlohn von 5,20 € einen weißen Kittel tragen, das Geld dankend entgegennehmen und regelmäßig den Teller bis auf wenige Münzen leeren. Das Geld musste dann an das Reinigungsunternehmen abgegeben werden. Für Reinigungsarbeiten war die Frau nicht zuständig. Den Toiletten-Besuchern durfte sie nicht mitteilen, dass nicht sie, sondern ihr Arbeitgeber das „Trinkgeld“ behält.
Nach den gewerbe- und steuerrechtlichen Bestimmungen stünden Trinkgelder aber allein den Arbeitnehmern zu, so die Toiletten-Frau. Sie schätzte, dass an normalen Tagen mehrere Hundert und an Spitzentagen mehrere Tausend Euro über die Sammelteller an den vier Toilettenanlagen erwirtschaftet werden. Von dem Reinigungsunternehmen forderte sie daher genaue Auskunft über die Einnahmen und ihren Anteil daran.
Der Arbeitgeber erklärte, dass es sich nicht um Trinkgeld, sondern um ein „freiwilliges Nutzungsentgelt“ handelt, mit dem das Toilettenpersonal finanziert werde. Einen Anspruch auf das Trinkgeld habe das Personal nicht. Vom Einkaufszentrum Centro Oberhausen erhält das Unternehmen für seine Dienstleistung keinerlei Geld. Die Toilettenbetreuung wird nach Angaben des LAG allein von dem “freiwilligen Nutzungsentgelt” finanziert.
Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen ging in seinen zwei am 21.01.2014 verkündeten Urteilen davon aus, dass den Toilettenfrauen das Trinkgeld anteilig zusteht (AZ: 1 Ca 1603/13 und 1 Ca 2158/13). Die Klägerinnen hätten daher Anspruch auf Auskunft über die Höhe der einbehaltenen Trinkgelder.
Das Reinigungsunternehmen wollte gegen diese Entscheidung Berufung beim LAG einlegen. Doch diese ist unzulässig, entschieden die Hammer Richter. Diese sei nur dann zulässig, wenn der Streitwert bei über 600 Euro liege. Maßgeblich für die Berechnung sei hier der wirtschaftliche Aufwand, der durch die Erteilung der Auskunft über die Trinkgelder entsteht, so das LAG in seinem Beschluss vom 15.04.2014. Auch nach Auffassung des Arbeitgebers liege dieser aber nicht über 600,00 €, so dass kein Rechtsmittel gegen die Arbeitsgerichts-Entscheidung mehr möglich ist.
Inwieweit den Klägern tatsächlich nun das anteilige Trinkgeld zusteht, muss gesondert geklärt werden.
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