Abgelehnte Stellenbewerber können einen Anspruch auf eine Diskriminierungsentschädigung nicht nur beim betroffenen Arbeitgeber, sondern auch allein beim zuständigen Arbeitsgericht fristgerecht geltend machen. Vertrödelt ein Arbeitsgericht die Weiterleitung der Klage an den Arbeitgeber, darf dies nicht zulasten des Stellenbewerbers gehen, urteilte am Donnerstag, 22.05.2014, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 8 AZR 662/13).

Das Antidiskriminierungsgesetz (AGG) sieht vor, dass Ansprüche auf eine Diskriminierungsentschädigung innerhalb von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden müssen. Dies ist auch auch außergerichtlich möglich.

Im jetzt entschiedenen Rechtsstreit hatte eine schwerbehinderte, an multipler Sklerose (MS) erkrankte Stellenbewerberin aus Schleswig-Holstein die Entschädigung nicht zunächst beim Arbeitgeber eingefordert, sonder direkt eine Diskriminierungsklage bei ihrem zuständigen Arbeitsgericht eingereicht.

Die Frau hatte sich auf eine Stellenanzeige zur Fachangestellten für Bäderbetriebe beworben. Zu den Aufgaben gehörte die Beaufsichtigung des Badebetriebs, die Durchführung eines Aquafitnessprogramms und Badegästen Schwimmunterricht zu erteilen. Der Arbeitgeber bot der Bewerberin eine Elternzeitvertretung an.

Als die Frau den Betrieb besichtigte, teilte sie der stellvertretenden Geschäftsführerin ihre MS-Erkrankung und ihre Schwerbehinderung mit. Prompt wurde ihr „in Abstimmung mit dem Betriebsarzt“ der Arbeitsvertrag verweigert. Das Schreiben ging der Frau am 28.12.2011 zu.

Die Stellenbewerberin fühlte sich wegen ihrer Behinderung diskriminiert und verlangte eine Entschädigung.

Das Arbeitsgericht sprach ihr 4.500,00 € sowie Schadenersatz für angefallene Fahrtkosten in Höhe von 90,40 € zu.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein wies die Klage dagegen ab, weil der Arbeitgeber zu spät über den geltend gemachten Anspruch informiert wurde. Nach dem Antidiskriminierungsgesetz müssen Ansprüche innerhalb von zwei Monaten ab Kenntnis der Benachteiligung schriftlich geltend gemacht werden.

Hier hatte die Frau zwar innerhalb dieser Frist beim Arbeitsgericht Klage eingereicht. Doch das Arbeitsgericht vertrödelte die Weiterleitung der Klage an den Arbeitgeber. Diese ging dort erst am 29.02.2012 ein, einen Tag nach Ablauf der Zwei-Monats-Frist.

Das BAG hob die LAG-Entscheidung nun auf. Es reiche aus, dass der Entschädigungsanspruch rechtzeitig bei Gericht geltend gemacht wurde. Nach der Zivilprozessordnung liege hier eine sogenannte „Rückwirkung der Zustellung“ vor. Danach werde die Frist bereits mit der Klageeinreichung gewahrt, wenn Diskriminierungsansprüche auch außergerichtlich schriftlich geltend gemacht werden können.

Das Verfahren wurde an das LAG zurückverwiesen, welches nun neu über die Diskriminierungsentschädigung entscheiden muss.

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