© runzelkorn - Fotolia.comDas Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat das Umgangsrecht von Hartz-IV-Empfängern mit ihren getrennt lebenden Kindern gestärkt. Am Mittwoch, 04.06.2014, verwarf es die von den Jobcentern angewandte „Bagatellgrenze“ bei den Fahrtkosten (AZ: B 14 AS 30/13 R). Danach muss das Jobcenter die Kosten auch dann übernehmen, wenn sie unter derzeit 38,20 € pro Monat liegen.

Angesichts der knapp bemessenen Hartz-IV-Leistungen hatte das Bundesverfassungsgericht in seinen Grundsatzurteilen vom 09.02.2010 ergänzende Leistungen für Härtefälle gefordert. Daraufhin wurde ein sogenannter Mehrbedarf unter anderem für den Umgang mit getrennt lebenden Kindern in das Sozialgesetzbuch eingefügt. Er wird gezahlt, wenn er „unabweisbar“ ist und „seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht“.

Nach einer internen Anweisung der Bundesagentur für Arbeit soll diese Schwelle erst erreicht sein, wenn die Kosten eine „Bagatellgrenze“ von zehn Prozent der Regelleistung – heute 38,20 € – übersteigen.

Im entschiedenen Fall durfte der Vater seine getrennt bei der Mutter lebende Tochter an jedem zweiten Samstag von zwölf bis 17 Uhr zu sich nach Hause holen. Wegen der ohnehin knappen Zeit fuhr er die 17 Kilometer jeweils mit dem Auto. Die Fahrtkosten hatte früher das Sozialamt erstattet. Das heute zuständige Jobcenter weigerte sich dagegen, die 27,20 €  (20 Cent je gefahrenen Kilometer) pro Monat zu bezahlen. Die Kosten lägen unter der Bagatellgrenze und seien daher nicht „erheblich“.

Der Vater hatte dafür kein Verständnis. Er müsse schon die weiteren Betreuungskosten von seinen knappen Hartz-IV-Leistungen aufbringen, etwa für Spielzeug, ein Eis oder heute – die Tochter ist inzwischen acht Jahre alt – auch einen Kinobesuch.

Wie schon die Vorinstanzen gab nun auch das BSG dem Vater recht. Für eine „allgemeine Bagatellgrenze“ von zehn Prozent gebe es keine rechtliche Grundlage. 27,20 € seien für einen Hartz-IV-Empfänger durchaus ein „erheblicher“ Betrag. In der Regelleistung von 2010 359,00 € (heute 382,00 €) seien überhaupt nur gut 20,00 €  (heute 22,78 €) für Verkehrskosten enthalten. Gemessen an der Gesamt-Regelleistung gehe es immerhin um 7,6 Prozent.

Nach der mündlichen Urteilsbegründung blieb zunächst unklar, ob es beim Umgangsrecht überhaupt keine „Bagatellgrenze“ geben darf, oder ob die Bundesagentur diese lediglich zu hoch angesetzt hat. Gegebenenfalls wird das BSG dies in seinen schriftlichen Urteilsgründen konkretisieren.

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