Mitarbeiter eines Krematoriums dürfen das aufgefundene Zahngold in der Asche Verstorbener nicht für sich behalten. Geben die Beschäftigten das Zahngold nicht an ihren Arbeitgeber ab, sind sie zu Schadenersatz verpflichtet, urteilte am Donnerstag, 21.08.2014, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 8 AZR 655/13).

Auch wenn das in der Totenasche aufgefundene Edelmetall als „herrenlose Sache“ gilt und damit kein Eigentümer bestimmt werden kann, sei der Tote mit seinem Zahngold doch in der Verwahrung des Krematoriumsbetreibers gegeben worden, betonte der 8. Senat. Inwieweit Angehörige oder Erben Anspruch auf das Zahngold haben, hatte das BAG nicht zu entscheiden.

Konkret ging es um einen früheren Beschäftigten des Krematoriums am Friedhof Hamburg-Öjendorf. Zu seinen Aufgaben gehörte nicht nur die Bedienung der Einäscherungsanlage, er sollte auch aus der Totenasche Wertgegenstände wie Zahngold, andere Edelmetalle oder auch Prothesen heraussuchen und dem Arbeitgeber übergeben. Dieser hatte das Gold verkauft und den Erlös der Kinderkrebshilfe gespendet.

Die Hamburger Friedhöfe als Arbeitgeber wiesen ihre Beschäftigten 2003 darauf hin, dass niemand eigenmächtig Schmuck oder Zahngold entwenden dürfe. Andernfalls müsse man mit einer fristlosen Kündigung und einer Strafanzeige rechnen.

Doch die nie versiegende „Goldquelle“ in den Totenaschen war für den Krematoriumsmitarbeiter zu verlockend. Zusammen mit seiner mittlerweile verstorbenen Ehefrau entwendete der Beschäftigte regelmäßig Zahngold. So kamen zwischen 2003 und 2009 mehr als 31 Kilogramm Gold zusammen. Auch andere Kollegen konnten der Versuchung nicht widerstehen und hatten ihr Gehalt mit dem Zahngold aufgebessert.

Doch als der Krematoriumsbetreiber eine andere Scheideanstalt zur Verwertung des Zahngoldes beauftragte, flog die Zahngoldentnahme des Klägers auf. Denn die Scheideanstalt wunderte sich, dass in anderen Krematorien die zehn bis 15-fache Menge an Edelmetallen anfielen, obwohl dort die Zahl der Einäscherung 90 Prozent geringer war als in der Hamburger Anlage.

Der Krematoriumsbetreiber verständigte daraufhin die Polizei. Mit einer versteckten Kamera wurde der Kläger erwischt, wie er aus der Totenasche etwas an sich nahm. Bei Durchsuchungen fanden sich bei dem Kläger Überweisungsgutschriften einer Scheideanstalt für geliefertes Zahngold und andere Edelmetalle.

Der Arbeitgeber kündigte dem Mann daraufhin fristlos und forderte 255.610,00 € Schadenersatz für die entwendeten Edelmetalle. Der Krematoriumsbetreiber meinte, dass mit der Übernahme des Verstorbenen ein Gewahrsamsverhältnis entstanden sei. Wertgegenstände wie Zahngold seien damit in ihr Eigentum übergegangen.

Der Arbeitnehmer wollte den Schadenersatzanspruch nicht einsehen. Das Zahngold sei vielmehr eine „herrenlose Sache“, die keinen Eigentümer habe. Er habe das Gold daher an sich nehmen dürfen. Da der Krematoriumsbetreiber nicht Eigentümer war, sei ihm auch kein Schaden entstanden.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg bestätigte am 26.06.2013 den Schadenersatzanspruch des Arbeitgebers (AZ: 5 Sa 110/12). Erlange ein Arbeitnehmer aus einen vom Arbeitgeber beauftragten Arbeiten einen Vorteil, bestehe eine Herausgabepflicht. Dies gelte nicht nur für Bonusmeilen oder Schmiergelder, sondern auch für aufgefundenes Zahngold aus der Asche Verstorbener. Hier gehörte es zu den Aufgaben des Klägers, das Zahngold aus der Totenasche herauszusuchen.

Dem folgte auch das BAG. Bei dem Zahngold handele es sich zwar tatsächlich um eine „herrenlose Sache“. Dem Krematoriumsbetreiber seien die in der Totenasche enthaltenen Edelmetalle aber in „Verwahrung“ gegeben worden. Daher bestehe grundsätzlich ein Schadenersatzanspruch.

Den konkreten Fall verwies das BAG aber an das LAG zurück. Dieses muss noch aufklären ob die Hamburger Friedhöfe tatsächlich der richtige Beklagte sind oder eine Tochtergesellschaft. Auch gebe es noch Aufklärungsbedarf, wie viel Gold entwendet wurde.

Mittlerweile hat an dem Zahngold Verstorbener keiner mehr Vorteile. Das Zahngold wird in Hamburg nun zusammen mit der Urne auf dem Friedhof bestattet.

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