© Dan Race - Fotolia.comWird ein Leiharbeitnehmer von einem Betrieb fest übernommen, zählt die Tätigkeit als Leiharbeiter für den Kündigungsschutz in der Regel nicht mit. Anderes gilt, wenn sich beide Seiten stillschweigend auf eine Anrechnung geeinigt haben oder wenn eine Regelbeschäftigung gezielt unterbrochen wird, um den Kündigungsschutz zu umgehen, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Mittwoch, 27.04.2014, veröffentlichten Urteil zur Schlecker-Insolvenz entschied (AZ: 2 AZR 859/11).

Laut Kündigungsschutzgesetz hängen die Kündigungsfristen von der Beschäftigungsdauer ab. In den ersten sechs Monaten gilt das Kündigungsschutzgesetz noch gar nicht, selbst wenn keine formelle Probezeit vereinbart wurde.

Die Klägerin war seit zwölf Jahren als Verkäuferin bei einem Schlecker-Markt im Saarland beschäftigt. Dieser wurde Ende Oktober 2009 geschlossen, im Folgemonat eröffnete direkt gegenüber ein neuer Drogeriemarkt. Dabei handelte es sich um der mit Anton Schlecker wirtschaftlich verbundenen Schlecker XL GmbH.

Wenige Tage vor ihrem Arbeitsende bei Anton Schlecker schloss die Verkäuferin mit diesem einen Aufhebungsvertrag. Danach sollte sie restlichen Urlaub zu Schlecker XL „mitnehmen“. Allerdings wurde sie dort nicht nahtlos ab November eingestellt, sondern erst ab Februar 2010. Dazwischen war sie über eine Leihfirma in dem XL-Markt tätig.

Am 07.07.2010 kündigte Schlecker XL zum 31.08.2010. Dabei berief sich der Arbeitgeber auf die Beschäftigungszeit unter sechs Monaten. Das Kündigungsschutzgesetz greife daher noch nicht. Dagegen meinte die Verkäuferin, ihre Vorbeschäftigung bei Anton Schlecker, zumindest aber ihre Tätigkeit als Leiharbeiterin sei mit zu berücksichtigen.

Wie nun das BAG entschied, gilt beides normalerweise nicht. Der Kündigungsschutz sei betriebs- und nicht konzernbezogen ausgestaltet. Schlecker XL habe auch nicht den normalen Schlecker-Markt als Betrieb übernommen.

Auch die Zeit als Leiharbeiterin könne im Regelfall nicht berücksichtigt werden. Denn die sechsmonatige Probezeit des Kündigungsschutzgesetzes diene dazu, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich kennenlernen können. Dies sei bei Leiharbeitern nur teilweise möglich, nämlich bezüglich der Leistungsfähigkeit, nicht aber bezüglich verschiedener Nebenpflichten, etwa der Abwicklung von Urlaub.

Mit seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 20.02.2014 verwies das BAG den Streit dennoch zur weiteren Prüfung an das Landesarbeitsgericht (LAG) Saarland zurück.

Dies soll zunächst prüfen, ob nicht beide Seiten stillschweigend von einer Anrechnung der Vorbeschäftigung ausgegangen sind. Darauf deuteten die verschiedenen Verträge hin. So sei keine neue Probezeit, wohl aber die „Mitnahme“ des Resturlaubs vereinbart worden. Gegebenenfalls sei daher die Vorbeschäftigung anzurechnen.

Weiter soll das LAG klären, ob der Berufung von Schlecker XL auf die sechsmonatige Wartezeit „womöglich der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegensteht“. Dies könne dann der Fall sein, wenn „alter“ und „neuer“ Arbeitgeber den Arbeitnehmer gemeinsam zum Unternehmenswechsel drängen.

Hier sei dies geschehen. Zudem liefen die Vereinbarungen auf eine Art Versetzung von Anton Schlecker zu Schlecker XL hinaus. Schlecker XL habe sich dadurch die erfahrenen Arbeitskräfte sichern wollen. Der Aufhebungsvertrag bei Anton Schlecker sei von diesem veranlasst worden. Eine Kündigung sei wegen der langen Betriebszugehörigkeit und des Alters der Verkäuferin von 54 Jahren sonst wohl kaum möglich gewesen.

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