Decorative Scales of Justice in the CourtroomStrafverteidiger können nicht verlangen, dass sie sämtliche Verfahrensakten auf Papier ausdrucken können. Gegebenenfalls müssen sie auch mit einer digitalen „e-Akte“ vorlieb nehmen und daraus nur die wichtigsten Seiten ausdrucken, wie das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf am 22.09.2014 entschied (AZ: III – 1 Ws 307+312/14 und weitere). Ob bei Massenausdrucken die reguläre Kostenpauschale überhaupt greift, ließ das OLG offen.

Konkret ging es um Kostenanträge verschiedener Pflichtverteidiger im „Rethelstraßenverfahren“ vor dem Landgericht Düsseldorf. Dort angeklagt sind mehrere Mitarbeiter eines Düsseldorfer Bordells. Sie sollen systematisch Freier mit Alkohol, Drogen oder K.o.-Tropfen betäubt und dann ihre Kreditkarten-Konten ausgeplündert haben.

Über das noch laufende Verfahren wird eine digitale „e-Akte“ geführt. Für Ausdrucke machen die Pflichtverteidiger eine „Dokumentenpauschale“ geltend. Diese ist gesetzlich festgelegt und beträgt für die ersten 50 Blatt jeweils 50 Cent und danach fünf Cent pro Seite.

Das Landgericht Düsseldorf hatte festgestellt, dass „aus Gründen der Waffengleichheit“ und für eine sachgemäße Verteidigung ein Komplettausdruck der digitalen Unterlagen notwendig ist. Einer der Strafverteidiger forderte daraufhin 67.262,00 € für den Ausdruck von 380.000 Seiten.

Das OLG Düsseldorf hielt dies für überzogen und setzte im sogenannten Kostenfestsetzungsverfahren die Erstattung auf 14.044,00 € herab. Der Beschluss des Landgerichts berechtige nicht zum „wahllosen“ Ausdruck sämtlicher Unterlagen. Den Verteidigern sei es zuzumuten, „sich zunächst mit Hilfe der e-Akte in den Sachverhalt einzuarbeiten und erst auf dieser Grundlage zu entscheiden, welche (zentralen) Aktenbestandteile für die weitere Verteidigung auch in Papierform benötigt werden“.

Durch die digitale Aufbereitung werde der gezielte Zugriff auf die Akten erheblich erleichtert, betonten die Düsseldorfer Richter. Auch dem Gericht selbst lägen nicht alle Unterlagen in Papierform vor. Soweit die e-Akte Inhalte „erkennbar doppelt“ enthalte, sind nach einem weiteren Beschluss Doppelausdrucke zu vermeiden (AZ: III – 1 Ws 247+283/14).

Zudem müssen die Anwälte glaubhaft machen, dass die Kosten tatsächlich entstanden sind. Dabei reichte den Düsseldorfer Richtern eine anwaltliche Versicherung nicht aus. Weil einer der Anwälte die Mitarbeiter der Staatskasse nicht in sein Büro lassen wollte, um die Ausdrucke vorzuzeigen, lehnte das OLG hier die Kostenerstattung komplett ab (AZ: III – 1 Ws 246+272/14).

In ihren Beschlüssen ließen die Düsseldorfer Richter noch offen, ob die gesetzliche Dokumentenpauschale bei Massenausdrucken überhaupt generell greift. Es könne sein, dass hier eine Gesetzeslücke besteht. Denn die Regelung stamme noch aus Zeiten, in denen es keine digitalen e-Akten gab. Zudem seien Ausdrucke inzwischen auch deutlich günstiger möglich.

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