© Harald07 - Fotolia.comScheuen Arbeitgeber die Einstellung von Müttern mit Kindern im Grundschulalter? Anmerkungen eines Arbeitgebers in diese Richtung können eine unzulässige Frauendiskriminierung sein, urteilte am Donnerstag, 18.09.2014, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 8 AZR 753/13). Es bekräftigte, dass als Beleg einer Diskriminierung auch Statistiken herangezogen werden können – aber nur, wenn sie eine Aussage „für die umstrittene Fallkonstellation“ erlauben.

Über den konkreten Fall muss danach nun das Landesarbeitsgericht (LAG) Ham neu entscheiden. Die Mutter hatte sich bei einem Lokalradio als Buchhalterin beworben. In ihrem Lebenslauf schrieb sie: „verheiratet, ein Kind“. Als sie mit einer Absage ihre Unterlagen zurück bekam, befand sich neben dieser Zeile der handschriftliche Zusatz „7 Jahre alt!“. „Die Worte „ein Kind, 7 Jahre alt!“ waren durchgehend unterstrichen.

Die Mutter meinte, dies belege eine geschlechtsbezogene Diskriminierung. Sie forderte eine Entschädigung. Der Radiosender argumentierte, er habe ja eine andere verheiratete Frau eingestellt, die aber besser qualifiziert gewesen sei. Kinder hatte diese allerdings nicht.

Das LAG Hamm hatte entschieden, es sei „eine Benachteiligung wegen des Geschlechts zu vermuten“ (Urteil vom 06.06.2013, AZ: 11 Sa 335/13). Zur Begründung hatte das LAG auch auf statistische Ergebnisse des Mikrozensus’ 2010 verwiesen. Danach beeinflussten Kinder und Familie das Erwerbsverhalten insbesondere von Frauen. Während Väter sogar häufiger arbeiteten als Männer ohne Kind, werde bei Frauen die höchste Erwerbsquote von etwa 70 Prozent erst mit einem Alter von 40 bis 50 Jahren erreicht. Dabei arbeiteten die erwerbstätigen Mütter zu 70 Prozent in Teilzeit, die Väter nur zu sechs Prozent.

Das BAG bestätigte nun seine Rechtsprechung, wonach Statistiken ein Indiz für Diskriminierung sein können (so schon Urteil vom 21.06.2012, AZ: 8 AZR 364/11). Die herangezogene Statistik müsse aber „aussagekräftig, das heißt für die umstrittene Fallkonstellation gültig sein“.

Im konkreten Fall zeigten sich die Erfurter Richter von der vom LAG herangezogenen Statistik aber wenig beeindruckt. Das dort beschriebene Erwerbsverhalten der Frauen lasse jedenfalls hier keinen Rückschluss auf eine arbeitgeberseitige Diskriminierung zu.

Laut BAG ist es aber denkbar, dass die unterstrichenen Worte „ein Kind, 7 Jahre alt!“ schon für sich genommen eine Frauendiskriminierung belegen. Das LAG soll dies nun nochmals prüfen.

In seinem ersten Urteil hatte das LAG bereits ausgeführt, dass die handschriftliche Ergänzung auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verweise. Sie deute darauf hin, „dass die damit gekennzeichnete Problematik der Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Berufstätigkeit Teil eines Motivbündels war, das zur Ablehnung der Bewerbung der Klägerin geführt hat“. Das LAG wird daher zu prüfen haben, ob es an dieser Vermutung auch ohne die herangezogenen Statistiken festhalten will.

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