© GaToR-GFX - Fotolia.comAlkoholisiert zum Rauchen auf ein Dach klettern – das gehört nicht zum typischen Gruppenverhalten von Schülern auf einer Klassenfahrt. Ein dabei erlittener Sturz fällt daher nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Samstag, 27.10.2014, veröffentlichten Urteil (AZ: L 6 U 2085/14).

Damit verwehrten die Stuttgarter Richter dem Kläger die Anerkennung als Arbeitsunfall. Dieser fuhr im Alter von siebzehneinhalb Jahren vom 16. bis 20.09.2012 auf Klassenfahrt nach England. Während die Lehrer mit einem Großteil der Klasse abends einen Pub besuchten, blieb der 17-Jährige mit drei Freunden in der Jugendherberge zurück.

Zuvor hatten sie sich verbotenerweise zwei Flaschen Wodka gekauft. Nach dem Alkoholkonsum wollte der Kläger zusammen mit seinen Freunden noch eine Zigarette rauchen. Um die in den Zimmern befindlichen Rauchmelder nicht auszulösen, öffnete er ein Dachfenster, kletterte hinaus und setzte sich auf das Dach der Jugendherberge.

Als er wieder zurückkehren wollte, stürzte er alkoholbedingt vom Dach bis zu sechs Meter in die Tiefe. Bei dem Sturz erlitt der Kläger eine Querschnittslähmung.

Den auf der Klassenfahrt erlittenen Unfall wollte er als Arbeitsunfall anerkannt haben. Dabei berief sich der Gymnasiast auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel. Typisches Gruppenverhalten auf einer Klassenfahrt stehe danach unter Versicherungsschutz. Der Plan, während der Klassenfahrt unbeaufsichtigt Alkohol zu konsumieren entspreche „einer altersgemäßen Gruppendynamik“. Die Heranwachsenden hätten beim Klettern auf dem Dach schlicht vergessen, wie gefährlich dieser „Ausflug“ ist.

Doch das LSG überzeugte dies in seinem Urteil vom 25.09.2014 nicht. Grundsätzlich bestehe zwar Versicherungsschutz auf Klassenfahrten. Unter Schutz stünden dabei nicht nur Gefahren, die sich aus dem natürlichen Spieltrieb ergeben. Umfasst seien auch Risiken, die durch das typische Gruppenverhalten der Kinder und Jugendlichen entstehen.

Doch bei dem Kläger habe es sich nicht um schülertypisches Verhalten gehandelt. Mit dem Trinken trotz bestehenden Alkoholverbotes und dem Rauchen auf dem Dach sei der Kläger seinen rein persönlichen Bedürfnissen gefolgt. Die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse stehe jedoch nicht unter Versicherungsschutz.

Der Idee, auf dem Dach zu rauchen, lag auch kein gruppendynamischer Impuls zugrunde. Das Herausklettern könne zudem nicht als Ausdruck eines natürlichen und ungehemmten Spieltriebes gedeutet werden. „Dieses Handeln war vielmehr durch das alles andere als kindliche Verlangen nach einer Zigarette veranlasst gewesen“, so die Stuttgarter Richter.

Die Feier des Klägers mit seinen drei Freunden sei auch keine Gemeinschaftsveranstaltung im Rahmen der Klassenfahrt gewesen. Der Gesetzgeber habe nicht das Ziel gehabt, mit dem gesetzlichen Versicherungsschutz Alkoholexzesse auf Klassenfahrten zu fördern oder entsprechende Gelegenheiten zu schaffen, betonte das LSG.

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