© Alexander Steinhof - Fotolia.comWerden Stellenbewerber nach „Vorstrafen“ oder „gerichtlichen Bestrafungen“ gefragt, müssen sie über im Bundeszentralregister bereits getilgte Straftaten keine Auskunft geben. Der Betroffene hat hier ein „Verschweigerecht“, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 20.03.2014 (AZ: 2 AZR 1071/12). Dies gelte selbst dann, wenn es sich bei der Bewerbung um eine Stelle im Justizvollzugsdienst handelt.

Im konkreten Fall hatte der heute 26-jährige Kläger sich im Januar 2010 um eine Stelle im allgemeinen Justizvollzugsdienst in Nordrhein-Westfalen beworben. Dabei gab er in einem Formular auch die Erklärung ab, dass er nicht vorbestraft sei und gegen ihn auch kein gerichtliches Strafverfahren oder ein Ermittlungsverfahren anhängig oder innerhalb der letzten drei Jahre anhängig gewesen sei.

Auch ein eingeholtes Führungszeugnis erhielt keinen Eintrag. Im Juni 2010 gab der Stellenbewerber erneut eine entsprechende Erklärung ab und wurde im Justizvollzugsdienst eingestellt.

Im Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung erfuhr das Land, dass der Kläger zwar laut Bundeszentralregister ein unbeschriebenes Blatt war. Doch das war nicht immer so. Im Juli 2003 war er zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten auf Bewährung wegen Körperverletzung und Betruges verurteilt worden. Zwischen 2007 bis 2009 liefen insgesamt acht Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen des Verdachts auf Körperverletzung, Diebstahls, Hausfriedensbruchs, Betrugs und Beleidigung. Alle strafrechtlichen Verfahren wurden jedoch eingestellt.

Das Land fühlte sich „arglistig getäuscht“. Es kündigte dem Mann fristgemäß zum 31.01.2011, außerdem focht es den Arbeitsvertrag an. Der Kläger hätte sowohl die Ermittlungsverfahren als auch die Jugendstrafe bei seiner Bewerbung angeben müssen, auch wenn Letztere bereits im Bundeszentralregister getilgt wurde. Gerade als Beschäftigter im Justizvollzugsdienst sei „Offenheit und Ehrlichkeit“ unerlässlich. Der 26-Jährige habe damit seine „charakterliche Ungeeignetheit“ bewiesen.

Sowohl vor dem Landesarbeitsgericht Köln als auch vor dem BAG bekam jedoch der Kläger recht. Eine arglistige Täuschung liege nicht vor, so die Erfurter Richter. Der Arbeitgeber dürfe zwar von Stellenbewerbern Informationen zu Vorstrafen einholen, vorausgesetzt der zu besetzende Arbeitsplatz „erfordert“ dies. Auch Fragen nach noch laufenden Straf- oder Ermittlungsverfahren könnten im Einzelfall zulässig sein.

Hier sei die Verurteilung aus dem Jahr 2003 jedoch bereits aus dem Bundeszentralregister getilgt worden. Damit hatte das Land „kein berechtigtes Interesse an der Offenbarung entsprechender Verurteilungen“, entschied der 2. BAG-Senat.

Mit der Tilgung der Straftat aus dem Bundeszentralregister habe der Kläger Anspruch darauf, dass er vom „Strafmakel“ befreit und seine Resozialisierung gefördert wird. Eine Verpflichtung, die Verurteilung von sich aus preiszugeben, bestand für den Kläger nicht.

Der Arbeitgeber habe zudem grundsätzlich auch kein berechtigtes Interesse, allgemein nach eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zu fragen. Schließlich stehe der Betroffene in solch einem Fall immer noch unter dem Schutz der Unschuldsvermutung.

Sowohl die Anfechtung des Arbeitsvertrages als auch die Kündigung seien daher ungerechtfertigt.

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