Wer vor weihnachtlich geschlossenen Arztpraxen steht, kann kein Attest bekommen. Einen unentschuldigt versäumten Meldetermin darf die Arbeitsagentur dann nicht mit einer Leistungssperre sanktionieren, wie das Sozialgericht (SG) Gießen in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 14.05.2014 entschied (AZ: S 4 AL 112/12). Es forderte die Behörde auf, „verständnisvoll“ mit den Arbeitslosen umzugehen.

Konkret gab das SG einem Arbeitslosen aus Mittelhessen recht. Er hatte eine Vorladung zu einem Meldetermin am 22.12.2011 um 13 Uhr bei der Agentur für Arbeit in Dillenburg bekommen. Eine Mitarbeiterin wollte mit ihm seine „aktuelle berufliche Situation“ besprechen.

An diesem Tag war der Arbeitslose krank. Er rief morgens bei der Arbeitsagentur an. Ein Mitarbeiter wies ihn darauf hin, dass er einen „Nachweis“ benötige, um „Rechtsfolgen“ zu vermeiden. Weil der Arbeitslose aber kein Attest vorlegen konnte, verhängte die Arbeitsagentur eine einwöchige „Sperrzeit wegen Meldeversäumnis“ und forderte für Dezember 2011 270,00 € Arbeitslosengeld zurück.

Mit seiner Klage machte der Mann geltend, er habe Durchfall, Erbrechen und fiebrige Schweißattacken gehabt. Er sei dadurch so geschwächt gewesen, dass er nicht habe alleine zum Arzt gehen können. Seine Frau habe aber arbeiten müssen und habe ihn daher nicht zum Arzt begleiten können. Am Folgetag, 23.12., sei die Praxis seines Hausarztes geschlossen gewesen, ebenso die Praxis der Vertreterin. Nach dem Ende des Praxisurlaubs habe sein Hausarzt rückwirkend kein Attest mehr ausstellen können.

Das SG hob die Sperrzeit auf. Bei einem „Meldeversäumnis“ sehe das Gesetz diese Sanktion zwar vor – aber nur dann, „wenn ein Arbeitsloser für sein Verhalten keinen wichtigen Grund darlegen und nachweisen kann“. Ein wichtiger Grund liege vor, wenn ein Erscheinen bei der Behörde unmöglich oder unzumutbar ist.

Dies sei hier der Fall gewesen. Der Arbeitslose sei akut erkrankt und deshalb nicht in der Lage gewesen, den Termin wahrzunehmen. Ein Attest habe er wegen des Weihnachtsurlaubs seines Hausarztes nicht vorlegen können. Dies alles habe der Mann glaubhaft geschildert.

Welche internen Weisungen bei der beklagten Agentur für Arbeit Dillenburg bestehen, sei „für das Gericht unbeachtlich“, stellten die Gießener Richter klar. Abschließend heißt es dann wörtlich: „Die Kammer würde sich wünschen, dass auch die Beklagte bei einem infolge der Weihnachtsfeiertage doch atypischen Sachverhalt sich nicht auf Weisungen zurückzieht, sondern verständnisvoll mit einem Arbeitslosen umgeht, zumal es bei dem Termin am 22.12.2011 offensichtlich ja nicht um ein konkretes Arbeitsangebot, sondern mehr um die allgemeine Situation des Klägers ging.“

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