© runzelkorn - Fotolia.comDie sogenannte „Kuba-Therapie“ gegen die Netzhautdegeneration Retinitis pigmentosa kann eine Kassenleistung sein. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 02.09.2014 entschieden (AZ: B 1 KR 4/13 R). Danach genügt der Erhalt der Sehfähigkeit für 18 bis 24 Monate, um die Behandlung zu rechtfertigen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Daten auch wissenschaftlich publiziert wurden.

Retinitis pigmentosa (inzwischen treffender auch Retinopathia pigmentosa) ist eine Degeneration der Netzhaut im Auge, bei der die Photorezeptoren zerstört werden. Die Krankheit führt im Endstadium zur Erblindung. In Deutschland sind etwa 30.000 bis 40.000 Menschen betroffen. Anerkannte wirksame Behandlungsmethoden gibt es bislang nicht.

Die Kuba-Therapie wurde von dem Augenarzt Orfilio Pelaez Molina in Havanna entwickelt. Sie soll insbesondere schnelle Krankheitsverläufe stoppen. Sie besteht aus einer speziellen Operation in Verbindung mit verschiedenen anderen Therapien, unter anderem mit Ozon, Elektrostimulation und Vitaminen. Nach Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) Mecklenburg-Vorpommern in Neubrandenburg ergab sich bei 126 in Havanna operierten Menschen eine Verzögerung des Sehschärfeverlusts um 18 bis 24 Monate.

Die Sehkraft des Klägers betrug bereits im Alter von 18 Jahren nur noch drei bis fünf Prozent. Seinen Antrag auf Kostenübernahme für die Kuba-Therapie lehnte die Krankenkasse ab. Die Methode sei nicht anerkannt.

Der junge Mann reiste dennoch nach Kuba und ließ sich dort behandeln. Die Kosten betrugen nach seinen Angaben 11.564,00 €. Von der Krankenkasse verlangt er, dies zu erstatten.

Wie nun das BSG entschied, kommt die Kuba-Therapie „bei grundrechtsorientierter Auslegung“ der gesetzlichen Vorschriften als Kassenleistung in Betracht.

Hintergrund ist der sogenannte Nikolausbeschluss, mit dem das Bundesverfassungsgericht am 06.12.2005 mehr Großzügigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung bei lebensbedrohlichen Krankheiten gefordert hatte (AZ: 1 BvR 347/98). Danach müssen die Kassen hier die Kosten auch alternativer Behandlungsmethoden übernehmen, wenn es „ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Heilungserfolg oder auch nur auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im konkreten Einzelfall gibt“. Das BSG hatte in der Folge dies auch auf Krankheiten mit schweren Dauerschäden angewandt.

Zur Kuba-Therapie entschied das BSG nun, dass Verlaufsbeobachtungen bei 126 Menschen sowie Parallelbeobachtungen bei Tierversuchen ausreichende „Indizien“ für eine erfolgreiche Behandlung liefern können. Dabei sei der Erhalt oder gar eine Verbesserung des Sehvermögens für 18 bis 24 Monate eine „offenkundig positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf“, die nicht als unerheblich abgetan werden könne.

Das LSG Neubrandenburg soll nun aber prüfen, ob diese Untersuchungen in ausreichender Weise publiziert wurden. Auch bei den nicht anerkannten Methoden sei zum Schutz der Patienten eine wissenschaftliche Kontrolle zwingend erforderlich, betonten die Kasseler Richter. Fehle es an entsprechenden Fachveröffentlichungen, sei auch nach den Maßstäben des Nikolausbeschlusses eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen nicht möglich.

Im konkreten Fall soll das LSG zudem klären, ob die Kuba-Therapie als geeignet angesehen werden konnte.

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