EU-Ausländer können weiterhin Hartz-IV-Leistungen erhalten, wenn sie hier Arbeit suchen. Jedenfalls im vorläufigen Eilverfahren sprach das Sozialgericht (SG) Dortmund einem Polen Hartz IV zu (AZ: S 35 AS 3929/14 ER). Mit dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg sei diese Frage noch nicht anderweitig geklärt, betonten die Dortmunder Richter.

Der Schlosser aus Polen hatte nach eigenen Angaben bis zu einem Arbeitsunfall im April 2014 bei einer Fensterbaufirma in Dortmund gearbeitet. Seit August 2014 sei er wieder arbeitsfähig und suche eine neue Stelle. Seinen Hartz-IV-Antrag lehnte das Jobcenter Hagen ab.

Hintergrund ist eine Umstrittene Regelung des Sozialgesetzbuchs. Sie schließt EU-Bürger, die in Deutschland Arbeit suchen oder nur Sozialleistungen beziehen wollen, generell vom Hartz-IV-Bezug aus. Betroffen sind nach Schätzungen des Landessozialgerichts (LSG) Essen insgesamt 130.000 Menschen, überwiegend aus Rumänien und Bulgarien.

Am 11.11.2014 hatte der EuGH dies im Fall einer Rumänin bestätigt, die hier aber keine Arbeit suchte (AZ: C-333/13). Zuwanderern, die nur wegen der Sozialleistungen kommen, dürfe Deutschland diese versagen.

Damit sei der Streit um den Hartz-IV-Ausschluss für arbeitsuchende EU-Ausländer aber noch nicht geklärt, betonte nun das SG Dortmund in seinem Beschluss vom 18.11.2014. Im einstweiligen Rechtsschutz sprach es dem Polen daher bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Hartz IV zu. Eine Verweigerung der Leistungen habe für ihn „existenzielle und irreversible Nachteile“; die Interessen des Jobcenters müssten demgegenüber zurückstehen.

Die Freizügigkeit und das Recht der Bürger, in jedem anderen EU-Staat Arbeit zu suchen, gehört zu den Kern-Rechten der Europäischen Union. Trotzdem dürfen nach der EU-Freizügigkeitsrichtlinie aber die Aufnahmeländer „Sozialhilfeleistungen“ verweigern, wenn sonst die Sozialkassen übermäßig in Anspruch genommen würden.

Bei Juristen und Gerichten in Deutschland ist seit Längerem umstritten, ob danach auch Arbeitssuchende von Hartz IV ausgeschlossen werden dürfen.

Einen entsprechenden Fall einer Bosnierin hatte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am 12.12.2013 dem EuGH zur Prüfung vorgelegt (AZ: B 4 AS 9/13). In der Vorinstanz hatte ihr das SG Berlin Hartz IV mit dem Argument zugesprochen, die „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ diene nicht nur der Existenzsicherung. Sie habe einen „Mischcharakter“ und ziele insgesamt auf die Eingliederung in den Arbeitsmarkt ab. Hartz IV sei daher keine reine „Sozialhilfeleistung“, und es gelte das EU- Gleichbehandlungsgebot.

Nach einem Urteil des EuGH zu Aufstockungsleistungen für Rentner in Österreich könnte dies auch davon abhängen, ob Hartz-IV-Leistungen für arbeitsuchende EU-Bürger die deutschen Sozialkassen sprengen würden (Urteil vom 19.10.2013, AZ: C-140/12).

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