Arbeitnehmer haben bei einer Erkrankung ihres Kindes nicht nur Anspruch auf Freistellung von der Arbeit, bei einer Verweigerung dieses Rechts durch den Arbeitgeber können sie auch eigenmächtig von ihrem Job fernbleiben. Eine aus diesem Grunde dann ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 08.11.2016 klar (AZ: 8 Sa 152/16). Im konkreten Fall muss nach der Entscheidung der Mainzer Richter der klagende Arbeitnehmer allerdings dennoch aus anderen Gründen seinen Arbeitsplatz räumen.

Der Kläger war als Kurierfahrer seit dem 15.06.2015 zum damaligen Mindestlohn von 8,50 € beschäftigt. Für ihn galt eine sechsmonatige Probezeit mit zweiwöchiger Kündigungsfrist.

Während seines Urlaubs teilte der Kurierfahrer am 01.12.2015 seinem Arbeitgeber per WhatsApp-Nachricht mit, dass er eine Freistellung von der Arbeit benötige. Sein vierjähriger Sohn müsse operiert werden, so der alleinerziehende Vater. Einen Tag darauf gab der Arbeitgeber hierfür auch sein OK. In der Freistellungszeit erhielt der Arbeitnehmer Krankengeld von der Krankenkasse.

Während des Krankenhausaufenthaltes wurde der Vater wegen des jungen Alters seines Kindes mit in der Klinik aufgenommen. Die behandelnden Kinderärzte bescheinigten ihm, dass dieser sich länger als geplant – nämlich bis zum 31.12.2015 – um das Kind kümmern müsse.

Doch bereits am 11.12.2015 überbrachte der Arbeitgeber dem Mann die ordentliche Kündigung, ohne diese weiter zu begründen.

Der Beschäftigte hielt die Kündigung für unwirksam. Er sei nur entlassen worden, weil er wegen seines erkrankten Kindes nicht zur Arbeit kommen konnte. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Freistellung und Kündigung weise darauf hin. Die Kündigung stelle damit eine „unzulässige Maßregelung“ dar.

Der Arbeitgeber widersprach. Er habe bereits am 30.11.2015, also einen Tag, bevor der Freistellungswunsch geäußert wurde, einem Kollegen die Kündigungsabsicht mitgeteilt. Das zeitliche Zusammentreffen zwischen Kündigung und Freistellung sei reiner Zufall.

Vor dem LAG hatte der Arbeitgeber weiter ausgeführt, dass er mit der Arbeitsleistung des Klägers nicht zufrieden war. Dieser habe verbotene Privatfahrten vorgenommen, auch Beschwerden wegen dessen Fahrweise habe es gegeben. Schließlich sei auch die Auftragslage rückläufig gewesen. Schon im November habe er seine Kündigungsabsicht seinem Steuerberater mitgeteilt.

Während das Arbeitsgericht Kaiserslautern die Kündigung für unwirksam ansah, bekam der Arbeitgeber vom LAG recht. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch dürfen Arbeitgeber ihre Beschäftigten nicht „maßregeln“, wenn diese lediglich ihr Recht – hier die Freistellung von der Arbeit aufgrund der Erkrankung ihres Kindes – in Anspruch nehmen. Arbeitnehmer müssen diese Maßregel aber beweisen. Dazu reiche bereits ein Anscheinsbeweis wie ein zeitlicher Zusammenhang aus. Dies könne der Arbeitgeber dann mit konkreten Gegenbeweisen wieder entkräften.

Die Mainzer Richter betonten, dass Arbeitnehmer von der Arbeit auch freigestellt werden müssen, wenn ihr Kind erkrankt ist und es Betreuung benötigt. Verweigere der Arbeitgeber dieses Recht, können Beschäftigte eigenmächtig zu Hause bleiben. Eine deshalb ausgesprochene Kündigung sei unwirksam.

Doch hier sei der Kläger nicht wegen des kranken Kindes und der damit erforderlichen Freistellung von der Arbeit gekündigt worden. Zwar habe der Beschäftigte auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen Kündigung und Freistellung von der Arbeit hingewiesen.

Der Arbeitgeber habe aber konkrete Belege vorgebracht, dass der Kläger nicht wegen der Freistellung gekündigt wurde. Dazu zählten die Korrespondenz mit dem Steuerberater und das Gespräch mit einem Kollegen. Auch habe es Beschwerden wegen der Arbeitsleistung des Klägers gegeben. Die Kündigung stellte damit keine unzulässige Maßregel dar. Dass die Kündigung nicht begründet wurde, sei innerhalb der Probezeit nicht zu beanstanden, so das LAG.

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