BAG: Keine Auskünfte über beherrschende Mutter-GmbH möglich

Ein von einem auf Veranlassung des Betriebsrates gebildeter Wirtschaftsausschuss kann nur Auskunft über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens verlangen, in dem er gebildet ist. Ein Auskunftsanspruch über die wirtschaftliche Lage des beherrschenden Konzern-Unternehmens besteht dagegen nicht, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Freitag, 13.03.2020, veröffentlichten Urteil (AZ: 1 ABR 35/18).

Laut Betriebsverfassungsgesetz kann in allen Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten der Betriebsrat die Bildung eines sogenannten Wirtschaftsausschusses einfordern. Das Unternehmen muss das Gremium dann unter anderem über wichtige Geschäftsvorhaben informieren – beispielsweise über Rationalisierungspläne, neue Fabrikations- und Arbeitsmethoden oder andere Belange, die für die Arbeitnehmer wichtig sind. Das Recht auf Bildung eines Wirtschaftsausschusses besteht allerdings nicht, wenn das Unternehmen ein sogenannter „Tendenzbetrieb“ ist – wie etwa kirchliche Einrichtungen, Zeitungen oder auch unmittelbar karitativ tätige Unternehmen.

Im konkreten Fall ging es um ein Elektrostahlwerk mit rund 750 Beschäftigten. In dem Unternehmen bestehen ein Betriebsrat und ein Wirtschaftsausschuss. Das Unternehmen war jedoch eng mit einer GmbH verflochten. Es bestand ein Gewinnabführungsvertrag mit diesem beherrschenden Unternehmen. In der GmbH waren weniger als 100 Arbeitnehmer tätig. Ein Betriebsrat bestand dort nicht. Auch ein Konzernbetriebsrat wurde nicht gebildet.

Als in dem Elektrostahlwerk Kurzarbeit angemeldet werden musste, verlangte im Frühjahr 2016 der Wirtschaftsausschuss ausführliche Auskünfte über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der GmbH als beherrschendes Unternehmen des Stahlwerkes.

Einigungsstelle entschiedet zu Gunsten des Betriebsrats

Nachdem der Arbeitgeber sich weigerte, Informationen über die beherrschende GmbH herauszugeben, wurde die Einigungsstelle angerufen.

Diese entschied, dass dem Wirtschaftsausschuss umfassende Informationen über die beherrschende GmbH mitgeteilt werden muss, etwa über den aktuellen Auftragsbestand oder über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage. Auch über laufende Entwicklungen der GmbH sollte monatlich informiert werden.

BAG kippt die Entscheidung der Einigungsstelle

Doch der Einigungsstellenspruch ist nicht vom Betriebsverfassungsgesetz gedeckt, entschied das BAG mit Urteil vom 17.12.2019. Zwar könne entgegen der Ansicht des Arbeitgebers ein Wirtschaftsausschuss auch verlangen, dass er über regelmäßige und wiederkehrende Vorgänge unterrichtet wird.

Allerdings besteht ein Auskunftsanspruch nur gegenüber demjenigen Unternehmens, in der der Wirtschaftsausschuss gebildet ist. Dies sei das Elektrostahlwerk, nicht aber dessen beherrschendes Unternehmen. Das Betriebsverfassungsgesetz lege fest, dass der Wirtschaftsausschuss nur über die wirtschaftlichen Angelegenheiten „des Unternehmens“ informiert werden müsse.

Zwar seien hier beide Unternehmen auch als ein einheitlicher Steuerpflichtiger anzusehen. Dies führe aber nicht zu einem Verlust der rechtlichen Selbstständigkeit beider Unternehmen. Der Wirtschaftsausschuss könne daher keine Auskünfte über das beherrschende Unternehmen verlangen, urteilte das BAG.

 

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