Arbeitsgericht Karlsruhe: Bewerberin sollte ihre Konfession angeben

Ein kirchlicher Arbeitgeber darf in einer ausgeschriebenen Sekretariatsstelle von Stellenbewerbern nicht die Angabe der Konfession verlangen. Wird die Angabe der Religionszugehörigkeit dennoch verlangt, stellt dies ein Indiz für eine entschädigungspfichtige Diskriminierung aufgrund der Religion dar, entschied das Arbeitsgericht Karlsruhe in einem am Donnerstag, 08.10.2020, veröffentlichten Urteil (AZ: 1 Ca 171/19).

Im Streitfall hatte die geschäftsleitende Oberkirchenrätin der evangelischen Landeskirche in Baden am 13.01.2019 auf ihrer Homepage und extern eine freigewordene Sekretariatsstelle ausgeschrieben. Der Oberkirchenrat in Karlsruhe ist die oberste Dienstbehörde der Landeskirche. Dort sind rund 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.

Laut Stellenanzeige gehörten zu den Sekretariatsaufgaben unter anderem die Vorbereitung von Tagungen, die Erledigung anfallender Büroarbeiten und die Bearbeitung von Anfragen und Terminangelegenheiten. Bewerber sollten über eine kaufmännische Ausbildung verfügen, sich mit MS-Office-Software gut auskennen und sich mit dem Ziel und den Aufgaben der evangelischen Landeskirche Baden identifizieren. Die Bewerbungsunterlagen sollten „unter Angabe der Konfession“ erfolgen. Der monatliche Bruttoverdienst sollte 3.358 Euro plus Weihnachtsgeld betragen.

Die Klägerin, eine in ungekündigter Stellung in einer auf das Arztrecht spezialisierten Anwaltskanzlei tätige Rechtsanwaltsfachangestellte, bewarb sich um die Stelle bei der Landeskirche. Dabei gab sie an: „Ich bin konfessionslos (Atheistin). Laut Homepage unterhält die evangelische Landeskirche Baden aber vielfältige Beziehungen zu anderen Religionen und Konfessionen“. Sie sei überzeugt, angesichts ihrer Qualifikationen die ausgeschriebene Stelle daher „optimal ausfüllen“ zu können. Ihre Konfessionslosigkeit begründete sie mit ihrem Aufwachsen in der DDR.

Die Bewerberin wurde zwar zum Bewerbungsgespräch geladen, erhielt aber eine Absage.

Daraufhin fühlte sie sich wegen ihrer fehlenden Religionszugehörigkeit diskriminiert. Mit Hilfe eines Anwalts aus der Kanzlei, in der sie noch arbeitete, forderte sie eine Diskriminierungsentschädigung in Höhe von 10.000,00 €.

Gericht entscheidet zugunsten der Klägerin

Das Arbeitsgericht sprach ihr mit Urteil vom 18.09.2020 eine Entschädigung in Höhe von 1,5 Bruttomonatsgehältern zu, insgesamt 5.037,00 €. Die Klägerin sei nach den Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wegen der Religion benachteiligt worden.

Zwar könne sich der kirchliche Arbeitgeber auf sein im Grundgesetz geschütztes Selbstbestimmungsrecht berufen und in Arbeitsverträgen das Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft als Grundlage nehmen. „Allerdings rechtfertigt das Selbstbestimmungsrecht für sich allein – unabhängig von der ausgeübten Tätigkeit und dem Umstand der Erbringung der Tätigkeit – eine Benachteiligung“ nach dem AGG nicht, so das Arbeitsgericht.

Die vom Oberkirchenrat in der Stellenanzeige verlangte Diskretion und Loyalität könne auch von konfessionslosen Berwerbern erbracht werden. Der kirchliche Arbeitgeber habe nicht ausreichend dargelegt, warum von einer konfessionslosen Sekretariatsmitarbeiterin die Gefahr ausgehe, dass die Glaubwürdigkeit und das Ethos der Kirche beeinträchtigt würden.

Warum eine Sekretariatsmitarbeiterin für ihre Tätigkeit über eine Zugehörigkeit zur Kirche verfügen soll oder warum es sich hier um eine verkündigungsnahe Beschäftigung handele, bleibe unklar.

Damit sei die verpflichtende Angabe der Konfessionszugehörigkeit als Indiz für eine Diskriminierung zu werten, welches der Oberkirchenrat nicht entkräften konnte, urteilte das Arbeitsgericht.

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