BAG lehnt Entschädigung für schwerbehinderten Stellenbewerber ab

Wer zu spät mit dem Hinweis auf seine Schwerbehinderung kommt, kann wegen der unterbliebenen Einladung zum Bewerbungsgespräch von einem öffentlichen Arbeitgeber auch keine Entschädigung verlangen. Um sich mögliche Entschädigungsansprüche zu sichern, muss spätestens bis Ablauf der Bewerbungsfrist über die bestehende Schwerbehinderung informiert werden, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Donnerstag, 15.04.2021, veröffentlichten Urteil (AZ: 8 AZR 171/20).

Geklagt hatte ein schwerbehinderter Diplom-Verwaltungswirt aus Bayern. Dieser hatte sich im September 2017 auf die Stelle eines/einer „Leiters/in des Sachgebietes ‚Bauen und Wohnen‘ “ bei einer großen Kreisstadt beworben. Erst knapp zwei Monate später teilte er dem öffentlichen Arbeitgeber seine Schwerbehinderung mit.

Dies war zu spät, um die Schwerbehinderung im Auswahlverfahren noch zu berücksichtigen. Der schwerbehinderte Kläger erhielt eine Absage. Sowohl die Bewerbungsfrist als auch das interne Auswahlverfahren waren zum Zeitpunkt des Hinweises über die Schwerbehinderung abgeschlossen. Lediglich der Stadtrat musste über die getroffene Bewerberauswahl noch formal entscheiden.

Der Kläger fühlte sich wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Als öffentlicher Arbeitgeber sei die Stadt nach den gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet, fachlich geeignete schwerbehinderte Stellenbewerber zum Bewerbungsgespräch einzuladen. Durch seinen nachgereichten Hinweis habe die Stadt auch von seiner Schwerbehinderung gewusst. Da sie ihn nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen habe, liege ein Indiz für eine Diskriminierung wegen seiner Behinderung vor. Er verlangte eine Entschädigung in Höhe von mindestens 24.875,00 €.

Pflicht zur rechtzeitigen Information

Das BAG wies mit Urteil vom 17.12.2020 den Entschädigungsanspruch ab. Zwar sei ein öffentlicher Arbeitgeber tatsächlich grundsätzlich verpflichtet, fachlich geeignete schwerbehinderte Stellenbewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Dafür müssen der Arbeitgeber aber auch von der Schwerbehinderung wissen. Nur dann könne er gesetzliche Verfahrens- und Förderpflichten für schwerbehinderte Bewerber einhalten.

Damit öffentliche Arbeitgeber die Schwerbehinderung berücksichtigen können, müsse der Stellenbewerber daher „rechtzeitig“ über seine Behinderung informieren. „Rechtzeitig“ bedeute, dass „regelmäßig“ im Bewerbungsschreiben oder im Lebenslauf auf die Schwerbehinderung hingewiesen werde. Spätestens bis Ablauf der Bewerbungsfrist könne ein Bewerber die Information noch nachreichen.

Dies habe hier der Kläger aber nicht getan. Für den Arbeitgeber sei es daher nicht mehr zumutbar gewesen, den Hinweis über die Schwerbehinderung zu berücksichtigen, befand das BAG.

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