LAG Chemnitz: Zweifel an psychogener Erkrankung nicht begründet
Das „fröhliche Bummeln“ einer krankgeschriebenen Arbeitnehmerin in der Leipziger Innenstadt und der Besuch einer Gartenparty können den Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht erschüttern. Dies gelte zumindest dann, wenn die Arbeitnehmerin aufgrund hohen Belastundsdrucks an einer psychogenen Erschöpfung erkrankt sei, entschied das Sächsiche Landesarbeitsgericht (LAG) in Chemnitz (AZ: 4 Sa 17/23). Die Chemnitzer Richter sprachen damit einer gekündigten Frau eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.403,00 € zu.
Die Klägerin war als Datenerfasserin angestellt. Laut Arbeitsvertrag standen ihr 25 Urlaubstage pro Jahr zu. Am 21.06.2021 erkrankte die Frau und legte dem Arbeitgeber eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und später Folgebescheinigungen vor.
Die Arbeitsunfähigkeit dauerte bis zum 15.08.2021 an. Bereits am 27.06.2021 wurde der Frau zum Ende Juli 2021 gekündigt. Der Arbeitgeber stellte sie bis dahin von der Arbeit frei.
Da die gekündigte Arbeitnehmerin ihren Resturlaub von 16 Tagen krankheitsbedingt nicht mehr nehmen konnte, verlangte sie von ihrem Arbeitgeber eine Urlaubsabgeltung in Höhe von insgesamt 1.403,00 €.
Der Arbeitgeber lehnte dies ab. Zum einen sei die Frau freigestellt worden, so dass der Urlaubsanspruch „erfüllt“ worden sei. Zum anderen gebe es Zweifel an ihrer Arbeitsunfähigkeit. Denn sie sei „fröhlich bummelnd“ in der Leipziger Innenstadt gesehen worden. Zudem sei aus ihrem Facebook-Profil ersichtlich, dass sie während ihrer Krankschreibung eine Gartenparty besucht habe.
LAG entscheidet zugunsten der Klägerin
Mit Urteil vom 30.05.2024 sprach das LAG der Klägerin die Urlaubsabgeltung für die 16 nicht genommenen Urlaubstage zu. Zwar könnten Urlaubsansprüche eines Arbeitnehmers durch Freistellung erfüllt werden. Dies sei aber „nur möglich, wenn überhaupt eine Arbeitspflicht im fraglichen Zeitraum besteht“, so die Chemnitzer Richter unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Im konkreten Fall sei die Klägerin aber vor der Freistellungserklärung des Arbeitgebers arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Eine Arbeitspflicht habe daher nicht bestanden.
Der Arbeitgeber habe den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch nicht mit dem Hinweis erschüttert, die Klägerin sei „fröhlich bummelnd“ in der Leipziger Innenstadt gesehen worden und habe zudem auch noch eine Gartenparty besucht.
Die Klägerin habe dargelegt, dass sie an einer psychogenen Erschöpfung erkrankt sei, die durch einen hohen Belastungsdruck ausgelöst worden sei. „Im Rahmen eines solchen Erkrankungsbildes ist das Aufsuchen von Freunden und Bekannten, auch im Rahmen einer Feierlichkeit nicht geeignet, um Zweifel am tatsächlichen Vorliegen der Erkrankung zu begründen“, urteilte das LAG. Gleiches gelte für die Erledigung von Besorgungen in der Leipziger Innenstadt.
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