Arbeitsgericht Solingen: Auszubildende wurde sexuell belästigt

Die Aufforderung eines Arbeitnehmers an eine Auszubildende zum Oralsex oder auch nur die Aufforderung zur Nackenmassage ist „objektiv unerwünscht“ und stellt eine sexuelle Belästigung dar. Dies gilt auch dann, wenn sich die Auszubildende aus Angst nicht dagegen wehrt, entschied das Arbeitsgericht Solingen in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 11.04.2024 (AZ: 2 Ca 1497/23). Jede sexuelle Belästigung sei grundsätzlich und ohne vorherige Abmahnung geeignet, eine vom Arbeitgeber ausgesprochene fristlose Kündigung zu rechtfertigen.

Der Kläger war seit 2021 bei seinem Arbeitgeber im Bereich der Lagerlogistik beschäftigt. Als eine neue Auszubildende vom 26.06. bis 07.07.2023 ebenfalls diesen Unternehmensbereich durchlief, kam es zu sexuellen Übergriffen des Mannes. Zunächst hatte er im Beisein von Kollegen den Nacken der Frau massiert.

Sie warf ihm zudem vor, dass er sie bereits am ersten Arbeitstag auch an Arm und Bein bis in den Schritt massiert hat. Sie habe zwar mehrfach dessen Hand weggeschoben. Letztlich habe sie sich nicht getraut, dagegen etwas zu sagen oder zu tun. Den Vorfall hatte sie kurz darauf in einem WhatsApp-Gruppenchat anderen Kolleginnen geschildert und vor dem Mann gewarnt.

Einen Tag später habe der Kläger ihr erneut in den Schritt gefasst, als sie allein im Pausenraum waren. Sie habe über WhatsApp noch eine Mitauszubildende um Hilfe rufen können, so dass nach ihrem Erscheinen nichts weiter passiert sei. An den nächsten zwei Tagen habe der Kläger aber seine sexuellen Übergriffe mit Küssen und Oralsex gesteigert. Da die Frau in der Vergangenheit bereits einmal vergewaltigt worden war, hatte sie sich aus Angst nicht gegen die Übergriffe gewehrt.

Als Kolleginnen den Arbeitgeber über die Vorfälle informierten, kündigte dieser dem Kläger fristlos, hilfsweise ordentlich.

Dieser bestritt die Vorwürfe. Annäherungsversuche seien von der Auszubildenden ausgegangen. Er habe sich daraufhin von ihr distanziert. Er sei schließlich glücklich verheiratet.

Das Arbeitsgericht erklärte die fristlose Kündigung für wirksam. Der Kläger habe seine Stellung als langjähriger Mitarbeiter ausgenutzt und die Auszubildende innerhalb einer einzigen Arbeitswoche „allein zu seinem sexuellen Vergnügen“ geschädigt.

Dabei sei bereits die unstreitige „Nackenmassage“, die im Beisein anderer Kollegen stattgefunden habe, arbeitsrechtlich als sexuelle Belästigung zu werten. Der Kläger habe die Auszubildende erst kurze Zeit gekannt, so dass dieses Verhalten am Arbeitsplatz „ein völlig unnormales, übergriffiges, absurdes und unangemessen intimes Verhalten“ darstelle.

Erst recht seien die späteren Massagen und das Streicheln im Schritt sowie der Oralsex als sexuelle Belästigung beziehungsweise sexuelle Nötigung zu werten. Der Kläger habe die Frau zu diesem Zweck extra in einen nicht videoüberwachten Lagerraum gelockt.

Die Angaben der Auszubildenden seien angesichts der vorgelegten WhatsApp-Nachrichten, eines von ihr verfassten, aber nicht abgeschickten E-Mail-Entwurfs an ihren Vorgesetzten, in dem sie die Vorfälle geschildert hatte, sowie der Zeugenaussagen glaubhaft.

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