BAG: Ohne Verhandlungen kann Schadensatzanspruch bestehen

Verpflichtet sich ein Arbeitgeber gegenüber einem Arbeitnehmer zum Abschluss von Zielvereinbarungen und damit zu Tantiemen- und Bonuszahlungen, muss er auch tatsächlich Verhandlungen für eine Vereinbarung mit dem Mitarbeiter führen. Kommt er dem nicht nach oder legt er einseitig unerreichbare Ziele fest, kann er zum Schadenersatz wegen entgangener erfolgsabhängiger variabler Vergütung verpflichtet sein, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Mittwoch , 18.09.2024, veröffentlichten Urteil (AZ: 10 AZR 171/23).

Der Kläger war seit dem 16.03.2020 als Development Director für das Ressort Schiffe in einem Unternehmen beschäftigt, das unter anderem Containerschiffe unterhält. Die Schiffe werden Reedereien zum Frachttransport zur Verfügung gestellt. Laut Arbeitsvertrag erhielt der Kläger ein Jahresgehalt von 180.000,00 € sowie eine erfolgsabhängige variable Vergütung von nochmals maximal 180.000,00 €.

Der Anspruch auf diese Tantieme hing vom Erreichen einer zuvor getroffenen Zielvereinbarung ab.

Nachdem es im Juni 2020 zu Unstimmigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gekommen war, forderte die Geschäftsführerin des Unternehmens den Kläger erst im August 2020 auf, einen Entwurf für eine Zielvereinbarung ab Beginn des Arbeitsverhältnisses zu machen.

Einen Vorschlag des Beschäftigten lehnte die Geschäftsführerin ab. Sie legte die Ziele schließlich einseitig „nach billigem Ermessen“ fest.

Nach diversen Krankheits- und Urlaubszeiten wurde dem Kläger ordentlich zum 31.12.2020 gekündigt. Eine Tantieme erhielt er nicht.

Dieser verlangte nun Schadenersatz in Höhe von 97.000,00 € brutto für die entgangene Tantieme. Der Vorschlag über eine Zielvereinbarung sei viel zu spät erfolgt. Auch habe die Geschäftsführerin die Ziele nicht einseitig vorgeben dürfen.

Das Landesarbeitsgericht Hamburg gab ihm weitgehend recht und sprach ihm Schadenersatz für die entgangene Tantieme in Höhe von 82.607,00 € zu.

Die dagegen eingelegte Revision wies das BAG mit Urteil vom 03.07.2024 zurück. Anders als bei einer Zielvorgabe sei der Arbeitgeber bei einer vertraglichen Zielvereinbarung verpflichtet, mit dem Arbeitnehmer auch tatsächlich Ziele für eine Zielperiode zu vereinbaren. Dazu müsse er mit dem Arbeitnehmer Verhandlungen über den Abschluss der Zielvereinbarung führen und ihm ermöglichen, „auf die Festlegung der Ziele Einfluss zu nehmen“.

Die Pflicht, mit dem Kläger Verhandlungen über die Zielvereinbarung zu führen, habe der Arbeitgeber „schuldhaft“ verletzt, so dass er zum Schadenersatz verpflichtet sei. Kommt eine Zielvereinbarung nicht zustande, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass er das Scheitern der Verhandlungen nicht zu verantworten hat, so das BAG.

Hier habe der Kläger einen Gegenvorschlag für eine Zielvereinbarung mit der Bitte um Rückmeldung unterbreitet. Der Arbeitgeber habe nicht davon ausgehen können, dass kein Interesse mehr an Verhandlungen bestehe.

Schließlich benachteilige die vertragliche Klausel, wonach kein Rechtsanspruch auf die Tantieme bestehe und diese freiwillig gezahlt werde, den Kläger unangemessen. Denn die Tantieme stelle auch eine Vergütung für die erbrachte Arbeitsleistung dar und könne nicht unter diesen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden. Die Klausel sei daher unwirksam.

 

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