Arbeitgeber dürfen bei Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit einen Arbeitnehmer nur bei begründeten Zweifeln an der Richtigkeit des ärztlichen Attestes durch einen Detektiv überwachen lassen. Gibt es für die Überwachungsmaßnahme keinen ausreichenden Grund, stellt der vom Detektiv bei der Überwachung dokumentierte Gesundheitszustand des Arbeitnehmers eine verbotene Verarbeitung von Gesundheitsdaten dar, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Dienstag, 29.10.2024, veröffentlichten Urteil (AZ: 8 AZR 225/23). Für die Überwachung und den damit verbundenen Kontrollverlust über seine Daten könne der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine Entschädigung verlangen.

Im konkreten Fall ging es um einen seit September 2009 im Vertrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Nachdem der Arbeitgeber ihm eine Änderungskündigung ausgesprochen hatte, die unter anderem die Versetzung an einen anderen Arbeitsort vorsah, meldete sich der Arbeitnehmer am 04.02.2022 krank. Er habe „außerhalb der Arbeitszeit“ eine Verletzung erlitten. Eine Ärztin attestierte ihm Arbeitsunfähigkeit bis zum 04.03.2022.

Aufgrund früherer Streitigkeiten vermutete der Arbeitgeber, dass die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht war. Er beauftragte eine Detektei mit der stichprobenartigen Beobachtung des Arbeitnehmers. Der Detektiv sollte nach Hinweisen suchen, ob der Arbeitnehmer nicht doch gesund war.

Der Kläger wurde daraufhin im Eingangsbereich seines Hauses, beim Einkaufen und auch beim Sägen und Schleifen auf der Terrasse observiert. Auch dass der Kläger beim Gehen das linke Bein nachzieht, wurde vermerkt. Neben einem schriftlichen Protokoll wurden auch Fotos gemacht.

Als der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer daraufhin vorwarf, die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht zu haben, bestritt der Kläger dies. Er gab schließlich an, mit dem Fuß umgeknickt zu sein.

Wegen der Beobachtung durch den Detektiv verlangte der Mann ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 €. Der Arbeitgeber habe seinen Gesundheitszustand ohne triftigen Grund überwachen lassen. Dadurch seien seine Gesundheitsdaten in verbotenen Weise verarbeitet worden.

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sehe für diesen Fall eine Entschädigung vor.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf sprach dem Kläger wegen der rechtswidrigen Verarbeitung seiner Gesundheitsdaten ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500,00 € zu. Der Arbeitgeber habe keine Anhaltspunkte gehabt, die den Beweiswert des ärztlichen Attestes erschüttert hätten.

Der Kläger sei vor der Beauftragung der Detektei noch nicht einmal angehört worden. Die Dokumentation des Gesundheitszustandes durch den Detektiv – insbesondere der Hinweis auf den Gang des Klägers – sei daher eine verbotene Verarbeitung von Gesundheitsdaten.

Mit Urteil vom 25.07.2024 bestätigte das BAG die Entscheidung des LAG. Nur bei begründeten Zweifeln an einem ärztlichen Attest dürfe der Arbeitgeber den Gesundheitszustand eines Arbeitnehmers durch eine Detektei überwachen und dokumentieren lassen. Zweifel können nach ständiger BAG-Rechtsprechung zum Beispiel dann begründet sein, wenn ein gekündigter Arbeitnehmer genau bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses krankgeschrieben ist und danach sofort wieder eine Beschäftigung aufnimmt.

Anhaltspunkte dafür, dass das ärztliche Attest falsch gewesen sei, hätten aber nicht vorgelegen, so das BAG. Aufgrund des erlitten Kontrollverlustes über seine Daten, insbesondere bei der heimlichen Überwachung des privaten Umfeldes, stehe dem Kläger Schadenersatz zu.

Das bloße Gefühl eines Kontrollverlustes über seine Daten reiche zwar für einen Entschädigungsanspruch nicht aus. Hier habe der Detektiv aber die Beobachtung des privaten Umfeldes schriftlich und mit Fotos dokumentiert.

 

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