Tabletten holen ist Privatsache. Wer eine Arbeitspause macht, um vergessene Tabletten aus dem Auto zu holen, steht daher in der Regel nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wie das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam in einem am Dienstag, 29.10.2024, bekanntgegebenen Urteil entschied (AZ: L 21 U 40/21).

Es wies damit eine Näherin aus Brandenburg ab. Am Unfalltag war sie mit dem Auto zu der um 6 Uhr beginnenden Frühschicht gefahren. Um 9.30 Uhr merkte sie, dass sie die Tabletten, die sie regelmäßig gegen Epilepsie nehmen musste, im Auto liegengelassen hatte. Um die Medikamente zu holen, ging sie zu ihrem auf einem öffentlichen Parkplatz stehenden Auto. Auf dem Rückweg stürzte sie und brach sich das rechte Handgelenk.

Die Berufsgenossenschaft erkannte dies nicht als Arbeitsunfall an – zu Recht, wie nach dem Sozialgericht Neuruppin nun auch das LSG entschied. Die Einnahme von Medikamenten gehöre nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten. Grundsätzlich sei sie daher „dem nicht versicherten, persönlichen Lebensbereich zuzuordnen“.

Ein „überwiegendes betriebliches Interesse“ und damit Versicherungsschutz könne ausnahmsweise nur dann bestehen, wenn Arbeitnehmer Gegenstände holen, „die zwingend benötigt werden, um die Arbeit fortzusetzen“, etwa eine Brille oder ein Schlüssel, betonten die Potsdamer Richter.

Hier sei die Medikamenteneinnahme aber nicht notwendig gewesen, um die weitere Arbeitsfähigkeit zu sichern. Nach Angaben ihres Arztes hätte die Klägerin das Schichtende um 11 Uhr durchaus noch abwarten können.

Bei Sorgen und einem „bloß abstrakten Risiko“, dass es ohne pünktliche Tabletteneinnahme zu einem Epilepsie-Anfall kommen könnte, liege die Einnahme „vorrangig im privaten Interesse und damit im nicht versicherten Bereich“.

Unerheblich sei es, dass es hier der Vorgesetzte erlaubt hatte, die Medikamente zu holen. Dies sei lediglich eine Erlaubnis, nicht aber eine bindende Weisung gewesen, heißt es weiter in dem Urteil vom 26.09.2024.

Die Revision ließ das LSG nicht zu. Hiergegen kann die Klägerin aber Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) in Kassel einlegen.

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