LAG Nürnberg klärt Zeitgutschriften im Tarifvertrag beim Roten Kreuz
Sieht ein Tarifvertrag für Zeiten des An- und Ablegens von Schutzkleidung eine Zeitgutschrift für den Arbeitnehmer vor, muss diese auch während Krankheit und Urlaub gewährt werden. Das gilt selbst dann, wenn der maßgebliche Tarifvertrag eine Zeitgutschrift „pro geleisteter Schicht“ vorsieht, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 16.08.2024 (AZ: 4 Sa 339/20). Die Nürnberger Richter ließen wegen der Abweichung von einem Urteil des LAG München die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt zu.
Geklagt hatte ein Rettungssanitäter des Bayerischen Roten Kreuzes.
Nach dem mit der Gewerkschaft Verdi geschlossenen Manteltarifvertrag gilt eine Arbeitszeit von 38,5 Stunden. Für jeden Mitarbeiter wird ein Jahresarbeitszeitkonto geführt, auf dem die individuelle Arbeitszeit festgehalten wird. Zur Arbeitszeit zählen auch Zeiten, die der Arbeit gleichstehen, wie Krankheit und Urlaub. Rettungsdienstmitarbeiter erhalten für das An- und Ablegen der verpflichtenden Schutzkleidung danach „pro geleisteter Schicht“ eine pauschale Zeitgutschrift von zwölf Minuten täglich.
Der Kläger war im Jahr 2017 bis zum 05.06.2020 an insgesamt 251 Tage arbeitsunfähig erkrankt. Der Arbeitgeber berücksichtigte zwar die Krankheitszeiten auf dem Arbeitszeitkonto, nicht aber die Umkleidezeiten, die an diesen Tagen angefallen wären. Der Rettungssanitäter forderte daraufhin, dass ihm für das An- und Ablegen der Schutzkleidung 50,2 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden. Es handele sich um vergütungspflichtige Arbeitszeit.
Der Arbeitgeber widersprach. Die zwölfminütige Pauschale für Umkleidezeiten werde nach dem Tarifvertrag nur „pro geleisteter Schicht“ gewährt. Der Kläger habe aber während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit keine Schicht geleistet. Auch das LAG München habe am 02.06.2017 entschieden, dass die tariflichen Regelungen im Fall von Urlaub oder Krankheit keine Berücksichtigung der Umkleidezeiten vorsehen (AZ: 8 Sa 673/16).
Kläger obsiegt im Wesentlichen
Das LAG Nürnberg gab dem Kläger teilweise recht. Allerdings könne er auf seinem Arbeitszeitkonto nur eine Gutschrift von 10,4 Stunden beanspruchen. Der Anspruch auf Berücksichtigung der restlichen Stunden sei zu spät geltend gemacht worden und damit verfallen.
Beim Jahresarbeitszeitkonto sei „bei Abwesenheitszeiten, die der Arbeit gleichstehen (z. B. Urlaub, Krankheit), die jeweilig dienstplanmäßig vorgesehene Arbeitszeit gutzuschreiben“. Maßgeblich sei hier die wöchentliche Arbeitszeit. Zur dienstplanmäßigen Wochenarbeitszeit gehörten nach der tariflichen Regelung auch die Umkleidezeiten. Ohne Berücksichtigung der Umkleidezeiten könne der Kläger bei Urlaub oder Krankheit die wöchentliche Arbeitszeit nicht erreichen. Der Arbeitnehmer hätte dann ein negatives Arbeitszeitkonto zu verzeichnen.
Der Berücksichtigung als vergütungspflichtige Arbeitszeit stehe nicht entgegen, dass der Tarifvertrag die Umkleidezeiten „pro geleisteter Schicht“ in Form einer pauschalen Zeitgutschrift vorsehe, so die Nürnberger Richter.
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