BAG rügt gezielte Suche eines Mannes nach „Sekretärinnen“-Stellen
Bewirbt sich ein Mann gezielt mit aussichtslosen Bewerbungstexten bundesweit auf ausgeschriebene „Sekretärinnen“-Stellen, kann er bei einer Absage nicht mit einer Entschädigung wegen einer erlittenen Diskriminierung aufgrund seines Geschlechts rechnen. Denn weisen die Indizien darauf hin, dass der Bewerber die Stelle gar nicht antreten, sondern sich nur einen „auskömmlichen Gewinn durch Entschädigungsansprüche erarbeiten“ will, handelt er rechtsmissbräuchlich, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Montag, 16.12.2024, veröffentlichten Urteil (AZ: 8 AZR 21/24).
Konkret ging es um einen arbeitslosen gelernten Industriekaufmann, der ein Fernstudium zum Wirtschaftsjuristen absolviert. Dieser hatte sich auf zahlreiche ausgeschriebene Stellen als „Sekretärin“ beworben. So entdeckte er auf eBay-Kleinanzeigen ein entsprechendes Stellenangebot eines Gebrauchtwagenhändlers. Auf seine Frage, ob der Arbeitgeber nur Frauen suche, antwortete dieser: „Wir suchen eine Dame als Sekretärin. Wir wünschen Ihnen alles Gute“.
Der abgelehnte Bewerber klagte auf Entschädigung. Er sei wegen seines männlichen Geschlechts diskriminiert worden. Das Schleswig-Holsteinische Landesarbeitsgericht (LAG) sprach ihm mit Urteil vom 21.06.2022 eine Diskriminierungsentschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern zu, insgesamt 7.800,00 € (AZ: 2 Sa 21/22)
Doch bei der Bewerbung blieb es nicht. Der Mann suchte gezielt nach Stellenanzeigen, in denen nur eine „Sekretärin“ gesucht wurde. Er bewarb sich mit ähnlichen Texten und klagte nach einer Absage erneut auf eine Diskriminierungsentschädigung.
Zuletzt ging es um die Stellenausschreibung einer Ingenieurgesellschaft in Dortmund. Diese weigerte sich, eine Entschädigung zu zahlen. Der Arbeitgeber recherchierte, dass der Mann gezielt ähnliche Bewerbungen in ganz Deutschland verfasst hatte, um Diskriminierungsentschädigungen zu erhalten.
Das LAG Hamm wies den Kläger ab. Er habe die Stelle gar nicht antreten, sondern nur eine Diskriminierungsentschädigung erhalten wollen. Damit habe er rechtsmissbräuchlich gehandelt.
Die dagegen gerichtete Revision hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Der Kläger habe sich bundesweit systematisch und gezielt auf „Sekretärinnen“-Stellen beworben und mit oberflächlichen Bewerbungstexten Absagen provoziert. Dafür habe das LAG sich auf mehrere Indizien gestützt, die dies belegen, so das Urteil der obersten Arbeitsrichter vom 19.09.2024. So habe er bei seiner Bewerbung einen Umzug nach Dortmund trotz einer Entfernung von 170 Kilometern zu seinem Wohnort nicht in Betracht gezogen und nicht dargelegt, wie er denn dann regelmäßig zur Arbeit kommen wolle.
Dem LAG war auch bekannt, dass der Kläger in den letzten 15 Monaten elf weitere Diskriminierungsklagen erhoben habe. Dabei habe er ähnliche Texte und aussichtslose Bewerbungen verfasst und damit Absagen provoziert. Das LAG sei zu Recht davon ausgegangen, dass sich der Kläger mit den Entschädigungsklagen einen auskömmlichen Gewinn „erarbeiten“ wollte. Er habe die Stelle aber nicht antreten wollen.
Dies sei rechtsmissbräuchlich, so das BAG. Der Arbeitgeber habe auch nicht gegen die Datenschutzgrundverordnung verstoßen, als er die anderen Diskriminierungsklagen recherchierte.
Denn er habe ein „berechtigtes Interesse“ an der Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Klägers gehabt.
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Man kann es auch deutlich übertreiben. Schließlich wird im Urteil des BAG schon von einem rechtsmissbräuchlichen Geschäftsmodell in der zweiten Generation gesprochen. Denn der Kläger hatte seine Anschreiben nicht mehr mit der Nachfrage ob ausschließlich eine Frau gesucht werde und der Grußformel Mit freundlichen Grüßen Herr W. versendet, sondern diese angepasst, indem er nun auf berufliche Erfahrungen in der Personalabteilung und im Einkauf verwies ohne weitere Belege statt wie früher nur auf Erfahrungen im Büro zu verweisen.
Kurios ist es auch, dass sogar nach Urteilsverkündigung noch versucht wird die Richter wegen Befangenheit abzulehnen.