Arbeitnehmer dürfen in einem Arbeitsvertrag nicht uneingeschränkt und unendlich zur Verschwiegenheit verpflichtet werden. Eine solche sogenannte Catch-all-Klausel benachteiligt Arbeitnehmer unangemessen und ist unwirksam, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Mittwoch, 08.01.2025, veröffentlichten Urteil (AZ: 8 AZR 172/23).
Im konkreten Fall hatte eine Arbeitgeberin, eine Herstellerin von Füllmaschinen für Lebensmittel und Getränke sowie für Verpackungsmaterial, einen ehemaligen Mitarbeiter auf Unterlassung des Verrats von Geschäfts oder Betriebsgeheimnissen verklagt. Der Arbeitnehmer war bis zum 31.12.2016 bei dem Unternehmen beschäftigt und maßgeblich an der Produktentwicklung beteiligt gewesen.
Im Oktober 2018 erfuhr die Arbeitgeberin, dass der Mann im Jahr 2015 unter einem Pseudonym verschiedene E-Mails mit technischen Anlagen an die Gesellschafter eines damals potenziell konkurrierenden Unternehmens versandt hatte. Die Arbeitgeberin sah darin einen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Geheimhaltungspflicht. Laut Arbeitsvertrag hatte der Arbeitnehmer „über alle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie alle sonstigen ihm im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden Angelegenheiten und Vorgänge der Gesellschaft Stillschweigen“ zu bewahren. Die Stillschweigeklausel enthielt keine zeitliche Befristung.
Der Arbeitnehmer weigerte sich, die Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.
Die dagegen gerichtete Klage des Unternehmens blieb vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Köln ebenso wenig erfolglos wie die Revision beim BAG. Die „formularmäßig vereinbarte Vertragsklausel, die den Arbeitnehmer bezüglich aller internen Vorgänge beim Arbeitgeber über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus zeitlich unbegrenzt zum Stillschweigen verpflichtet (sogenannte Catch-all-Klausel), benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb unwirksam“, heißt es in dem Urteil vom 17.10.2024.
Eine nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortbestehende Verschwiegenheitspflicht könne sich bei „überwiegendem Interesse des Arbeitgebers am Schweigen des Arbeitnehmers allenfalls auf einzelne, konkret bestimmte Geschäftsgeheimnisse beziehen“. Dass tatsächlich Geschäftsgeheimnisse offenbart worden seien, sei nicht belegt. Die im Streit stehende Klausel schränke die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers übermäßig ein und widerspreche dem Konzept des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots.
Im vorliegenden Fall sei der Arbeitnehmer nicht verpflichtet worden, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Arbeitgeberin keinen Wettbewerb zu machen. Er dürfe daher sein im vorherigen Arbeitsverhältnis erworbenes Erfahrungswissen einschließlich der Kenntnis von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bei einer neuen Tätigkeit einsetzen. Die außerordentlich weit gefasste arbeitsvertragliche Verschwiegenheitsklausel würde es dem ehemaligen Arbeitnehmer jedoch faktisch verbieten, sein Wissen bei einem neuen Arbeitgeber in vergleichbarer Position einzusetzen. Die unbegrenzte Geltung der Klausel käme einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot gleich.
Die Arbeitgeberin hätte vielmehr ein wirksames, zeitlich befristetes nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren und eine Karenzentschädigung zahlen müssen.
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