Führt ein Arbeitgeber ohne Wissen einer Mitarbeiterin einen simulierten Raubüberfall am Arbeitsplatz durch, muss er für den dadurch verursachten psychischen Schaden regelmäßig kein Schmerzensgeld zahlen. Auch wenn der simulierte Überfall als Arbeitsunfall anerkannt worden ist, muss der Arbeitgeber nur dann Schmerzensgeld und Schadenersatz leisten, wenn er die Verletzungshandlung und den Verletzungserfolg bei der Mitarbeiterin vorsätzlich herbeigeführt hat, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 24.09.2024 (AU: 6 Sa 263/23).
Die Klägerin ist seit 17 Jahren bei den US-Stationierungsstreitkräften als Köchin beschäftigt. Sie arbeitet in der Küche eines Restaurants, das sich auf einem Golfplatz einer US-Airbase befindet. Am 29.03.2021 fand in dem Restaurant ein inszenierter Diebstahl und Raub statt. Dabei handelte es sich um ein Training für die US-Einsatzkräfte. Der Manager des Restaurants wusste von der Übung.
Er informierte die Köchin jedoch nicht über den vermeintlichen Raubüberfall, da er davon ausging, dass sie bei ihrer Arbeit in der Küche nichts davon mitbekommen würde. Die Frau hörte jedoch laute Rufe und Schreie durch die Durchreiche zwischen Küche und Restaurant. Sie sah, wie ein Unbekannter mit einem blauen Gewehr auf den knienden Vorgesetzten zielte. Die Köchin hatte sich daraufhin hinter einem Kühlschrank versteckt. Als der angestellte Platzwart des Golfplatzes dies bemerkte, schaute er durch die Durchreiche und sagte zu ihr, dass die „Angreifer“ doch blaue Gewehre hätten. Diese wurden von den Einsatzkräften bei Übungen verwendet.
Die Frau erlitt durch den simulierten Raubüberfall einen Nervenzusammenbruch. Sie ist seit dem Vorfall arbeitsunfähig und befindet sich in psychiatrischer Behandlung. Die Unfallversicherung hat den Vorfall als Arbeitsunfall anerkannt. Was der Arbeitgeber nicht wusste, war, dass die Frau in der Vergangenheit einen echten Raubüberfall in einer Pizzeria erlebt hatte.
Die Mitarbeiterin verlangte von ihrem Arbeitgeber wegen des erlittenen Gesundheitsschadens eine Entschädigung für den erlittenen Verdienstausfall in Höhe von 14.369,00 € sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 75.000,00 €. Sie leide noch heute unter Angstreaktionen und Alpträumen. Der Vorfall habe eine depressive Symptomatik ausgelöst.
Der Arbeitgeber hätte damit rechnen müssen, dass ein ohne Wissen der Beteiligten inszenierter Überfall auch psychische Auswirkungen haben könne. Es sei von bedingtem Vorsatz auszugehen.
Die Klägerin habe aber keinen Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld, urteilte das LAG. Es greife die gesetzliche Beschränkung der Unternehmerhaftung. Habe ein Unternehmer einen Versicherungsfall verursacht, müsse er Personenschäden nur ersetzen, wenn er vorsätzlich gehandelt habe. Dabei müssten sowohl die Verletzungshandlung als auch der Verletzungserfolg vorsätzlich herbeigeführt worden sein. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen.
Der Arbeitgeber sei davon ausgegangen, dass die Klägerin den simulierten Raubüberfall gar nicht mitbekomme. Zudem seien blau lackierte Gewehre verwendet worden, was für zivile Mitarbeiter ein eindeutiges Zeichen darstellt, dass es sich nicht um einen echten Überfall handele. Von einem vorsätzlich herbeigeführten Personenschaden könne daher nicht ausgegangen werden.
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