Bundesverfassungsgericht verweist auf Wahrung der Tarifautonomie

Tarifliche Nachtarbeitszuschläge für regelmäßig nachts arbeitende Schichtarbeiter und für sonstige Nachtarbeitnehmer können unterschiedlich hoch sein. Auch wenn dies zu einer Ungleichbehandlung führt, haben die Tarifparteien im Rahmen ihrer im Grundgesetz geschützten Koalitionsfreiheit einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Festlegung der Nachtarbeitszuschläge, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch, 19.02.2025, veröffentlichten Beschluss (AZ: 1 BvR 1109/21 und 1 BvR 1422/23). Die Karlsruher Verfassungsrichter hoben damit zwei Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auf und verwiesen die Verfahren an die obersten Arbeitsrichter in Erfurt zurück.

Im Streitfall ging es um Regelungen zu Nachtarbeitszuschlägen in den Manteltarifverträgen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Brauereien in Hamburg und Schleswig-Holstein sowie für die Arbeitnehmer der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie in Nordrhein-Westfalen. Die tariflichen Regelungen sahen einen Nachtarbeitszuschlag von 25 Prozent für regelmäßig in Nachtschicht arbeitende Beschäftigte vor. Zudem gab es bezahlte Pausen und Schichtfreizeiten. Nachtarbeiter, die nicht im Schichtdienst arbeiteten, erhielten dagegen einen Nachtarbeitszuschlag von 50 Prozent.

Zwei in Schichtarbeit tätige Arbeitnehmer forderten ebenfalls einen Zuschlag in Höhe von 50 Prozent. Die Ungleichbehandlung der tariflichen Regelungen sei nicht nachvollziehbar. Auch seien sie durch die Nachtarbeit in gleicher Weise belastet wie sonstige Nachtarbeitnehmer.

Das BAG gab ihnen noch recht (AZ: 10 AZR 600/20 und 10 AZR 335/20).

Zwar seien die Tarifvertragsparteien nicht unmittelbar an Grundrechte gebunden, wenn sie tarifliche Normen setzen. Der allgemeine Gleichheitssatz des Grundgesetzes bilde aber „als fundamentale Gerechtigkeitsnorm eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie“, so das BAG. Die Arbeitsgerichte müssten daher gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen unterbinden.

Arbeitnehmer, die Nachtschichtarbeit oder sonstige Nachtarbeit leisten, seien miteinander vergleichbar und müssten daher gleichbehandelt werden. Nachtarbeit sei nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen für jeden Menschen gesundheitsschädlich. Es gebe daher keinen Grund, Nachtarbeitszuschläge, die dafür einen finanziellen Ausgleich schaffen sollen, unterschiedlich hoch auszugestalten. Es sei auch nicht belegt, dass Nachtschichtarbeit weniger gesundheitsschädlich sei als sonstige Nachtarbeit.

Die Kläger könnten daher eine „Anpassung nach oben“ verlangen, also Nachtarbeitszuschläge in Höhe von 50 Prozent sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft.

Dem widersprach nun das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 11.12.2024. Das BAG habe mit seinen Urteilen die Arbeitgeberinnen in ihrer grundgesetzlich geschützten Koalitionsfreiheit verletzt, so die Karlsruher Richter, die deshalb die Urteile aufhoben und an das oberste Arbeitsgericht zurückverwiesen. Bei der Festlegung der tariflichen Nachtzuschläge sei die Tarifautonomie unzureichend beachtet worden.

Die streitigen tariflichen Zuschläge seien nicht zu beanstanden und verstießen nicht gegen das Willkürverbot. Für die unterschiedliche Höhe der Zuschläge für Nacht- und Schichtarbeit gebe es „sachlich einleuchtende Gründe“. So bestünden unterschiedliche soziale Belastungen, da Arbeitnehmer etwa bei regelmäßiger Schichtarbeit besser zeitlich planen und sich darauf einstellen könnten. Die Planbarkeit der Nachtschichtarbeit stelle einen sachlichen Grund für niedrigere Zuschläge dar.

Zu Unrecht habe das BAG auch eine Anpassung der Zuschläge für Nachtschichtarbeit „nach oben“ bestimmt. Dies beruhe nicht auf einem „Willen der Tarifvertragsparteien“. Bei Annahme eines Gleichheitsverstoßes hätte das BAG den Tarifvertragsparteien zunächst Gelegenheit zu erneuten Verhandlungen und zur Korrektur der beanstandeten Regelung geben müssen.

 

 

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