BAG klärt Regeln für Arbeitsentgelt freigestellter Betriebsräte
Will ein Arbeitgeber einem freigestellten Betriebsratsmitglied die einmal zugesagte Vergütung wieder kürzen, muss er dies genau begründen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Donnerstag, 20.03.2025, verkündeten Urteil im Fall eines freigestellten Betriebsratsmitglieds des Volkswagen-Konzerns entschieden (AZ: 7 AZR 46/24). Grundsätzlich muss das Betriebsratsmitglied allerdings beweisen, warum bei ihm die Voraussetzungen für eine konkrete Vergütung vorliegen, so die Erfurter Richter.
Nach dem Betriebsverfassungsgesetz üben Betriebsratsmitglieder ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt aus. Werden sie von der Arbeit freigestellt, haben sie Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts.
Erhöht sich das Arbeitsentgelt bei vergleichbaren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, so kann auch das freigestellte Betriebsratsmitglied eine entsprechend höhere Vergütung verlangen. Zudem darf ein Betriebsratsmitglied nach dem Gesetz wegen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Dies gilt auch für ihre individuelle berufliche Entwicklung.
Im konkreten Rechtsstreit ging es um ein freigestelltes Betriebsratsmitglied bei Volkswagen. Der Mann ist ausgebildeter Kfz-Mechaniker und Industriemeister, Fachrichtung Metall. Bis zum 01.05.2002 war er als Anlagenführer tätig. Danach wurde er in den Betriebsrat eines VW-Werks gewählt und von der Arbeitsleistung freigestellt. Sein Arbeitsentgelt wurde regelmäßig entsprechend der Lohnentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer erhöht. Seit 2015 erhielt er eine Vergütung nach der Entgeltstufe 20.
Im Oktober 2015 erhielt er von einem damaligen Fertigungsleiter das Angebot, sich auf eine neue Stelle als Fertigungskoordinator zu bewerben. Er sei die „Idealbesetzung“. Der Kläger lehnte ab, um seine Betriebsratstätigkeit fortsetzen zu können.
Dann entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am 10.01.2023, dass sich zwei frühere VW-Personalvorstände und zwei frühere Personalleiter möglicherweise der Untreue schuldig gemacht haben, weil sie freigestellten Betriebsratsmitgliedern zu hohe Gehälter genehmigten (AZ: 6 StR 133/22). Der BGH hob die Freisprüche des Landgerichts Braunschweig auf und verwies die Verfahren zur erneuten Verhandlung zurück.
Um sich nicht dem Vorwurf der Untreue auszusetzen, hatte VW daraufhin die Vergütung der freigestellten Betriebsratsmitglieder intern überprüft. Im Ergebnis wurde die Vergütung des Klägers von der Entgeltstufe 20 auf 18 zurückgestuft. Für die Monate Oktober 2022 bis einschließlich Januar 2023 forderte der Autokonzern vom Kläger eine Überzahlung von 2.592,00 € zurück.
Der Kläger kam dem nach, verlangte dann aber die Rückzahlung des Betrags und weiterhin eine Vergütung nach der Entgeltstufe 20. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hatte im Wesentlichen den Zahlungsanträgen des Klägers stattgegeben.
Arbeitgeber gewinnnt beim BAG
Die dagegen gerichtete Revision des Arbeitgebers hatte vor dem BAG Erfolg. Verlangt ein Betriebsratsmitglied ein Arbeitsentgelt, das vergleichbare Arbeitnehmer nach der betriebsüblichen Entwicklung erhalten, muss es die Voraussetzungen des Anspruchs darlegen und beweisen. Korrigiere der Arbeitgeber dagegen eine gewährte Vergütung nach unten, müsse dieser beweisen, warum die ursprünglich gewährte Vergütungserhöhung „objektiv fehlerhaft“ war.
Im konkreten Fall habe VW die Rückstufung nicht genau begründet. Dies müsse vor dem LAG nachgeholt werden. Erst wenn der Arbeitgeber die Absenkung des Arbeitslohns begründen könne, können über die Zahlungsanträge des Klägers entschieden werden. Um das richtige Arbeitsentgelt des Klägers ermitteln zu können, müsse dann zum einen die Vergütung vergleichbarer Arbeitnehmer geprüft werden.
Zum anderen dürfe der Kläger aber nicht wegen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit benachteiligt werden. Wenn er nachweisen könne, dass er wegen seiner Betriebsratstätigkeit auf eine Karriereentwicklung verzichtet habe – etwa weil er eine Bewerbung auf eine konkret bessere Stelle unterlassen habe – könne dies auch ein höheres Arbeitsentgelt begründen. Auch dies müsse das LAG noch einmal in den Blick nehmen.

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