Übernimmt ein Arbeitgeber die Fortbildungskosten einer Studentin für eine spätere Anstellung, muss er bei einer unverschuldeten Ablehnung des Beschäftigungsangebots durch die Studentin auf die Rückzahlung der Aufwendungen verzichten. Sieht eine Vertragsklausel für diesen Fall keine Ausnahme von der Rückzahlungspflicht vor, ist sie wegen unzulässiger Benachteiligung unwirksam, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern in Rostock in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 25.02.2025 (AZ: 5 Sla 104/24).
Im konkreten Fall hatte der Betreiber einer Physiotherapiepraxis einer Studentin die Studiengebühren und Prüfungskosten für ein siebensemestriges Bachelorstudium der Physiotherapie an einer privaten Fachhochschule finanziert. Im Gegenzug hatte sich die Studentin vertraglich verpflichtet, nach erfolgreichem Abschluss des Studiums für mindestens fünf Jahre in der Physiotherapiepraxis in Vollzeit zu arbeiten.
Für den Fall, dass sie den staatlichen Abschluss endgültig nicht erreicht oder bei erfolgreichem Abschluss das ihr angebotene Anstellungsverhältnis nicht antritt, war sie zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet. Für jeden vollen Monat der vorzeitigen Beendigung des Anstellungsverhältnisses sollte sie 200,00 € zahlen.
Nachdem die Studentin im Juli 2022 die in das Studium integrierte staatliche Prüfung zur Physiotherapeutin abgelegt hatte, arbeitete sie vom 01.09.2022 bis zum 28.02.2023 in Teilzeit in der Physiotherapiepraxis. Zu diesem Datum endete auch ihr letzter Studienabschnitt.
Die Physiotherapeutin lehnte jedoch eine Vollzeitbeschäftigung in der Physiotherapiepraxis ab. Der Praxisbetreiber forderte daraufhin Fortbildungskosten in Höhe von 10.774,00 Euro zurück.
Die Frau hielt die vertragliche Rückzahlungsklausel für unwirksam. Die Klausel benachteilige sie unangemessen. Denn sie sei auch dann zur Rückzahlung verpflichtet, wenn sie unverschuldet aus gesundheitlichen Gründen das Stellenangebot nicht annehmen könne. Außerdem sei die vertragliche Bindungsfrist mit fünf Jahren viel zu lang und der Rückzahlungsbetrag falsch berechnet.
Das LAG wies die Klage des Betreibers der Physiotherapiepraxis als unbegründet ab. Bei den Klauseln zur Rückzahlung der Fortbildungskosten handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Deren Klauseln seien unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dies sei hier der Fall.
Der Arbeitgeber dürfe zwar vertraglich eine Rückzahlung der Fortbildungskosten vorsehen, wenn ein anschließendes Beschäftigtenverhältnis nicht angetreten werde. Er müsse aber eine Ausnahme von der Rückzahlungspflicht für den Fall regeln, wenn die Studentin unverschuldet das Beschäftigungsangebot ablehnt, etwa wegen einer Krankheit. Diese Grundsätze gelten laut LAG auch dann, wenn zwischen den Parteien noch kein Arbeitsverhältnis bestanden hat, sondern ein solches erst nach Beendigung des Studiums begründet werden soll.
Unzulässig sei es, die Rückzahlungspflicht an das wiederholte Nichtablegen der angestrebten Prüfung zu knüpfen, ohne die Gründe hierfür zu berücksichtigen. Eine Rückzahlungsklausel stelle nur dann eine, die Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers entsprechende „ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen“, urteilte das LAG. Schließlich sei hier auch die fünfjährige Bindungsfrist zu lang.
Ähnlich hatte bereits das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt am 01.03.2022 im Fall einer Altenpflegerin entschieden (AZ: 9 AZR 260/21). Danach muss eine vertragliche Vereinbarung die Rückzahlung jedenfalls dann ausschließen, wenn die Arbeitnehmerin unverschuldet dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen.

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